■ Italiens Politiker arbeiten Putschisten in die Hände
: Spiel mit dem Feuer

Bisher waren nur einige wenige Militärs und professionelle Untergrundwühler aus der rechten Ecke mit von der Partie, wenn es in Italien um putschistische Planspiele ging. Nun aber scheint auf ihre Art auch die große Politik mitwirken zu wollen. Verteidigungsminister Fabio Fabbri hat bestimmt recht, wenn er den Vorrang der politischen vor der militärischen Führung in der Demokratie reklamiert. Doch er kann – gerade in der Demokratie – Transparenz nicht durch Willkür ersetzen. Wenn er den Kommandanten Rizzo ohne aufsichtsrechtliches Gehör einfach absetzt, weil der sich nicht um die Bettgeschichten seiner Untergebenen gekümmert und daher, laut Fabbri, die wichtigen Putschgerüchte überhört hat, bereitet dies auch bei jenen Unmut, die weder rechts noch umstürzlerisch sind. Wenn er Militärbasen schließt und Agenten der Geheimdienste feuert, mag dies auf ehrenwerten Gründen beruhen. Doch gerade weil er diese nicht mitteilt, macht er sich unglaubwürdig.

Daß der nun von sich aus zurückgetretene Generalstabschef Canino unhaltbar geworden war, steht außer Zweifel. Gerade bei ihm aber hätte Fabbri nicht warten dürfen, bis der Mann selber geht. Canino hatte sich schließlich öffentlich massiv in die politische Diskussion eingemischt. So hatte er vor zwei Wochen gegen die oberitalienischen „Ligen“ gewettert und erklärt, das Militär werde für die Einheit Italiens sorgen und jeder Sezession den Garaus machen. Möglich, daß er damit nur einen seiner Generäle warnen wollte, der für die Ligen in Rom zum Bürgermeister kandidiert. Aber der Effekt war landesweit und wurde als höchst alarmierendes politisches Signal verstanden – auch bei jenen, die die Ligen nicht mögen.

Inzwischen sind auch die politischen Parteien auf das Thema Streitkräfte aufgesprungen und wild entschlossen, auch noch den Rest heilen Porzellans zu zerschlagen. Da ist z.B. „Liga“-Chef Bossi, der sofort die Waffenbereitschaft seiner Anhänger angekündigt und den Militärs versprochen hat, es zu Paaren zu treiben, wenn es seine Forderungen nach Zerstückelung des Zentralstaates mit Gewalt beenden wollte. Und da sind die Ex-Kommunisten des Partito democratito della sinistra, diesmal unisono mit den verfeindeten Vettern von der Rifondazione comunista, die bereits wieder nach den Uraltwerten der Resistenza, des Widerstandes gegen ein Gewaltregime, rufen, das noch nicht einmal entfernt aufgerichtet ist. Und da ist der Ministerpräsident Ciampi, der den prompten Ersatz unbotmäßiger Minister und Militärs durch deren Kollegen als Handlungsfähigkeit ausgibt, während er noch nicht einmal imstande ist, die brennende Frage über das künftige Schicksal des Wehr- und Ersatzdienstes in einen vernünftigen Gesetzentwurf umzuwandeln. Werner Raith, Rom