Keine „Doppel-00-Runde“

■ Berufsfortbildungswerk bestreikt

„Eine Nullrunde kommt für uns nicht in Frage. Wir werden das Unternehmerdiktat durchbrechen“. Mit dieser Losung versuchen derzeit die Gewerkschaften ihre Basis gegen den drohenden Lohnabbau zu mobilisieren. In seinen eigenen Institutionen geht der DGB allerdings nicht weniger zimperlich vor: Von den Beschäftigten des Berufsfortbildungswerkes (BFW) verlangen die gewerkschaftlichen Bosse sogar eine „Doppel-Nullrunde“. Die gestrige Antwort der 120 MitarbeiterInnen: Streik.

Seit Juli verhandelt die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) mit der Düsseldorfer Geschäftsführung des BFW über den Abschluß eines neuen Tarifvertrags für die bundesweit 2000 DozentInnen. Die HBV fordert um 5,5 Prozent höhere Gehälter.

In den laufenden Tarifgesprächen wiesen die BFW-Bosse immer wieder auf die dramatische Situation in der Weiterbildung hin: Während zunächst nur von einer Anpassung der Tarifstruktur an die Bezahlung anderer Fortbildungsträger die Rede war – dabei entspricht der HBV-Tarif im Wesentlichen dem Tarifgefüge der Umschulungsträger im Öffentlichen Dienst – ließen die BFW-Bosse vor zwei Tagen die Katze aus dem Sack: „Doppel-00-Runde“ und einmalige Zahlung von 400 Mark.

Die Antwort der 120 DozentInnen in Hamburg kam prompt: 88,55 Prozent für Streik. Gestern legte das Lehrpersonal die Arbeit nieder, um das „Null-Nullrunden-Lohndiktat“ der DGB-BFW-Bosse zu durchbrechen. HBV-Tarifkommissionsmitglied Roland Kosiek zur taz: „Es ist zwar richtig, daß das BFW rote Zahlen schreibt, das Unternehmen verfügt aber noch über erhebliche Rücklagen.“ Nach Auffassung des Gewerkschafters gehe es dem BFW auch nicht darum, den Kostendruck in diesem Jahr zu senken, sondern das gesamte Tarifgefüge aus den Angeln zu heben.

Derartige Praktiken sind bei Fortbildungsträgern nicht neu: Bei der Grone-Schule versuchte die Geschäftsleitung im vorigen Monat, durch Massenentlassungen das Unternehmen kleinzuschrumpfen. Hier halten sich derzeit hartnäckig Gerüchte, daß durch einen solchen Schritt der gemeinnützige Träger liqudiert werden soll, um die Grone-Schule als „GmbH“ ohne den BAT-Tarif wieder aus der Taufe heben zu können. Kai von Appen