Zu wenig Bons im Viertel

■ Polizei und Kaufleute befürchten Verkehrschaos, weil die ÜberwacherInnen fehlen

Der Ärger um die geplante Viertel-Fußgängerzone reißt nicht ab. Noch vor einigen Wochen hatte es so ausgesehen, als hätte das Projekt alle Hürden genommen, nach wie vor aber sehen einige Kaufleute sehr skeptisch in ihre wirtschaftliche Zukunft. Und jetzt haben sie Rückendeckung von der Polizei erhalten: Das zuständige Innenstadtrevier erwartet chaotische Zustände in einigen Seitenstraßen, wenn Ostertorsteinweg und Vor dem Steintor dichtgemacht werden, es sei denn, die Straßen werden verstärkt überwacht. Doch dafür fehlt es aber an Personal. Und die Kaufleute befürchten, daß ihre automobilen Kunden nicht mehr die Firmenparkplätze finden.

Erst war es der Möbelhändler Flamme, der einen Brandbrief an den Wirtschaftssenator schrieb: Wenn nicht klar wäre, daß der Flamme-Parkplatz über die Fußgängerzone angefahren werden könne, dann würde er massiv gegen die Verkehrsberuhigung vorgehen. Bislang ist die Zufahrt über die kleinen Seitenstraßen hinter dem Geschäft geplant, genau da, wo vermutlich Massen von Falschparkern größeren Autos den Weg verstellen werden, wenn man sie läßt. Gerüchteweise soll Flamme damit gedroht haben, den Standort zu verlassen. Nun lag es an der Bausenatorin, den Konflikt zu schlichten. Ein Gespräch mit Flamme ergab einen Kompromißvorschlag, über dem die Beteiligten jetzt brüten. Über den Inhalt ist Stillschweigen vereinbart.

Aber selbst wenn es im Fall Flamme zu einer gütlichen Einigung kommen sollte, der nächste Konflikt steht schon vor der Tür, wenn Eisenwaren-Caesar die Zufahrt auch zu seinem Kundenparkplatz freigehalten wissen will. Ohne es zu wissen, haben die Kaufleute nun Unterstützung von der Polizei bekommen. Im Revier Innenstadt wird erwartet, so ein Schreiben vom September, daß die kleinen Straßen von den AnwohnerInnen dichtgeparkt würden: „Im Notfall kann auch kein Abschleppfahrzeug herankommen.“ Die einzige Lösung wäre wirksame Überwachung durch die BonschreiberInnen vom Stadtamt. Doch dort wird nur abgewunken: Kein Personal.

Auch wenn es bald wieder einen Schwung Pfähle geben soll, die das Falschparken verhindern sollen - ein Gutteil des Konflikts, der das Fußgängerzonenkonzept zu Fall bringen könnte, hängt an der notwendigen Überwachung.

Noch vor einigen Jahren waren in ganz Bremen 40 ÜberwacherInnen unterwegs, erzählt Klaus Hinte, Leiter der Verkehrsabteilung beim Stadtamt. Diese Zahl ist jedoch wegen diverser Sparmaßnahmen auf ganze 23 zusammengeschrumpelt. Zum Vergleich: Frankfurt läßt 160 ÜberwacherInnen auf die AutofahrerInnen los. Bremen ist Schlußlicht, obwohl die Damen und Herren in blau zum einen Geld einbringen und zum anderen auf der untersten Gehaltsstufe stehen — trotz des unangenehmen Jobs.

Erst im März dieses Jahres hat sich der Senat des Problems angenommen und einen Beschluß gefaßt: Zuerst sollen die ÜberwacherInnen mit mobilen Datenerfassungsgeräten ausgestattet werden, mit denen sie mehr Bons pro Schicht verteilen können. Und wenn die neue Technik eingeführt ist, dann soll es auch neue Stellen geben, sagt Merve Pagenhardt, Sprecherin des Innensenators. Doch ob die ausreichen, wenn die Falschparker und Raser in Tempo-30-Zonen wirklich erwischt werden sollen, das ist fraglich. Mehr als zwölfeinhalb neue Uniformen braucht das Stadtamt dann nämlich nicht bestellen. J.G.