Kommt er, kommt er nicht?

■ Haiti: Debatte im Parlament

Port-au-Prince (taz) – Das Tauziehen um die Rückkehr des gestürzten Präsidenten Jean Bertrand Aristide geht weiter. In einem Treffen mit Premierminister Robert Malval und Parlamentsabgeordneten verschiedener Fraktionen machte Armeechef Raoul Cedras bislang keinerlei Konzessionen. In einer dreistündigen Unterredung in der Villa Malvals konnte man sich lediglich auf den Fahrplan für die nächsten Tage einigen.

Konkretes Ergebnis ist ein Termin für ein neues Treffen am heutigen Mittwoch im Anschluß an eine Parlamentsdebatte über die umstrittene Amnestie für die Putschisten und das Gesetz über die Polizeireform. Das Quorum für die Sitzung, die gestern begann, war aber zunächst nicht gesichert, da mehrere Abgeordnete der Fraktion Aristides aus Sicherheitsgründen untergetaucht sind, nachdem ihre Häuser von bewaffneten Männern observiert wurden. Jede Stimme zählt, vor allem im 15köpfigen Senat, wo die Fraktion Aristides eine hauchdünne Mehrheit hält. In der Abgeordnetenkammer wird die Mehrheit von Anhängern der Militärs kontrolliert.

Die Kammer soll über die Polizeireform beraten, während der Senat zwei verschiedene Vorlagen für die Amnestie diskutieren soll. Der Text der von der Putschistenfraktion ausgearbeiteten Version war Montag nirgends zu bekommen. Die Militärs wollen, soviel man weiß, die Straffreiheit auf die Zeit nach dem Abkommen von Governors Island über die Rückkehr Aristides vom 2. Juli ausdehnen, obwohl sie beteuern, mit den seither verübten Morden, namentlich an Justizminister Guy Malary und dem Unternehmer Antoine Izmery, nichts zu tun zu haben.

Über Sicherheitsgarantien für die Parlamentarier wurde bei dem Treffen mit Cedras nicht diskutiert. Die Forderung wurde von mehreren Abgeordneten erhoben. Es wäre nämlich nicht das erste Mal, daß Bewaffnete in die Nationalversammlung eindringen, um eine Abstimmung zu verhindern.

Bei gleichzeitigen Verhandlungen um eine Aufnahme von Oppositionspolitikern ins Kabinett geht es vor allem um einige Schlüsselposten, allen voran das durch den Mord an Malary vakant gewordene Justizministerium, dem künftig die Polizei unterstehen soll. Die Militärs möchten sich die Kontrolle über die Sicherheitskräfte auch für die Zeit nach der Reform sichern. Dies kann Aristide unmöglich annehmen, denn das hieße, daß man einen Minister nur umbringen muß, wenn man seinen Posten will. Ralf Leonhard