Führ' uns in die Irre, Helge!

■ Helge Schneider und zwei neue Watschenkasper im Tivoli

Vor die Lachhungrigen im Tivoli tritt Helge Schneider und macht erstmal gar nichts. Doch vom „schlechtesten Entertainer der Welt“ reicht weniger als ein Wimpernzucken, um dem Publikum, das zum Teil geradezu hysterisch wirkt, die ersten Lachbrüller abzuringen. Ein wenig in den auf Bunny Casinos Orgelschrank herumliegenden Notenblättern gewühlt und auf geht's in den Abend mit dem 38jährigen Quatschmacher aus Mühlheim an der Ruhr. Zum Spiel gehört noch die Demütigung des Trommlers Peter Thoms, der sich redlich mit Besen und Sticks abmüht und über dessen künftige Beerdigung sich Schneider immer gerne amüsiert. Organist Bunny Casino hat weiterhin das Vertrauen seines Chefs, wird wie gewohnt mit Huldigungen überhäuft.

Zwei neue Watschenkasper ernährt Helge Schneider nun in seiner Show: Den Auszubildenden, der die Instrumente apportieren muß und schon bald die „acht Jahre Probezeit seiner 35jährigen Lehrzeit“ absolviert hat, und Bratislaw Metulskie, der gebückt mit dem Mikro den Stepschritten seines Chefs folgen muß. „Wir können auch alle nach Hause gehn“, fällt es da Herrn Schneider ein, der sich in der Scheinwerferhitze die Perücke etwas in den Nacken schiebt. Noch lacht man, da schießt er aus der Hüfte: „Hefte raus! Klassenarbeit!“ Auch dieser Schreck hält nicht lange vor, denn ab geht's musikalisch süßlich-schrill „in den Himmel der Liebe“, ins „Land der Zufriedenheit“.

In abgeschabter Kapitäns-Jacke ist er – trotz blitzender Knöpfe und goldener Epauletten – der Entertainer wider Willen. Der Blödwitz sprüht so fröhlich nicht. Der Mann kann einen inzwischen schon nachdenklich machen. Aber das Publikum weiß, wie es von Schneider in die Irre geführt und auf den Arm genommen werden will, während der Meister gesteht: „Ich selber würde jetzt hier nicht hingegangen sein, ich bin so müde. Aber hier hab ich ja ein bißchen Platz auf der Bühne, da geht's.“

Julia Kossmann

Noch bis 3. November in Schmidts Tivoli