Beiräte nur noch „Begleitgrün“

■ Beiratsrechte: gerade erst bestätigt, sollen sie schon gekippt werden

Zwei Jahre dauerte das Ringen um die Rechte der Beiräte, jetzt scheint es ausgestanden. Eine Arbeitsgruppe legte jetzt ihre Ergebnisse vor: Die Stadtteilparlamente sollen doch ein wenig echte Kompetenz bekommen. Über Verkehrsfragen in den Wohnquartieren sollen sie richtig entscheiden dürfen. Die war ihnen insbesondere vom Bauressort abgestritten worden. Zwei lange Jahre hat die Arbeitsgruppe getagt — und schon soll ihre Arbeit zu Makulatur erklärt werden, denn die Bürgerschafts-FDP hat einen Antrag zur Änderung des Beirätegesetzes geschrieben. Kernpunkt: Das einzige interessante Entscheidungsrecht soll den Beiräten wieder genommen werden. Stattdessen sollen sie über brennende Fragen wie „Standorte der Straßenbeleuchtung“ und „Pflege des Straßenbegleitgrüns“ entscheiden. Das Papier hat bei den Beiräten wie eine Bombe eingeschlagen. Und weil Reinhard Barsuhn für die SPD-Bürgerschaftsfraktion Zustimmung signalisiert hat, laufen die SPD- Beiräte Sturm. In einer Beiräte- Versammlung am Dienstag abend blies Barsuhn der Wind ins Gesicht.

Beim Streit um die Beiräterechte ging es vor allem um die Interpretation des Urteils des Staatsgerichtshofs. Der hatte kurz vor der Beirätewahl 1991 entschieden, daß sich AusländerInnen nicht beteiligen dürften, weil Beiräte „hoheitliche Rechte“ ausübten, das sei nur Deutschen vorbehalten. Das war Wasser auf die Mühlen der StadtteilpolitikerInnen. Das bedeute, so deren Interpretation, die Beiräte müßten tatsächlich etwas zu entscheiden haben, zum Beispiel die Verkehrsregelungen in den Quartieren, wie das Beirätegesetz vorsah. In anderen Fragen sah das Gesetz nur Beteiligung, nicht Entscheidung vor. Erstens haut diese Interpretation nicht hin und zweitens wird die Stadt unregierbar, hielt die Gegenseite, vor allem aus dem Bauressort dagegen. Und so stritten sich beide Seiten in einer Arbeitsgruppe.Resultat: Die Beiräte dürfen entscheiden.

Doch im Untergrund wurde am mühselig gefundenen Ergebnis schon gesägt: Was der FDP-Antrag an Rechten übrigläßt, das ist kaum der Rede Wert. Beleuchtung, für die seit Jahren keine Mark mehr übrig ist, Unterhaltung von Grünanlagen und Spielplätzen und die Organisation von Stadtteilfesten.

„Pipifax“, sagte gestern Gesamtbeiratssprecher Bernd Huse. „Jetzt wo die Richtlinien fertig sind, kommen die mit dem Papier. Man hat den Eindruck, die haben Angst vor der Demokratie.“ Ähnlich scheinen es eine Reihe von SPD- Beiräte zu sehen, die am Dienstag Rabatz gegen die Vorstellungen ihrer Bürgerschaftsvertreter machten. Kein Wunder, denn Reinhard Barsuhn war in seiner Stellungnahme noch hinter den Vorschlag der FDP zurückgefallen. Huse fragt sich ob denn die Beiratsangelegenheiten noch richtig aufgehoben sind. Bislang sind Beiräte und Ortsämter dem Innenressort unterstellt. Daß es gerade die FDP des Innensenators Friedrich van Nispen war, die sich die „glatte Reduzierung von Demokratie“ ausgedacht haben, das gebe doch zu denken. Im übrigen sei ihm aufgefallen, daß nach dem Entwurf die Beiräte ausschließlich mit dem grünen Umweltressort zu tun hätten. Stichwort: Begleitgrün. Huse: „Vielleicht war das der Grund, warum die SPD schnell zugestimmt hat.“ Noch hat das FDP-Papier nicht die Hürden der ampelinternen Beratungen genommen. Die Grünen haben die FDP-Vorschläge noch gar nicht beraten. J.G.