Haben deutsche Rechte in Israel provoziert?

■ „Spiegel“-Bericht wird vom israelischen Reiseleiter dementiert

Dresden (taz) – Können rechtsradikale Jugendliche mittels einer Reise nach Israel in ihrem Weltbild erschüttert werden? Um eine Reise, von der DresdenerJugendliche gestern zurückkehrten, gab es seit einer Spiegel-Veröffentlichung am Montag heftige Kontroversen. Gestern allerdings dementierte auch der israelische Reiseleiter Israel Unger gegenüber der taz die wesentlichen Behauptungen des Nachrichtenmagazins („In Uniform durch Haifa“). Anfängliche Spannungen hätten sich bald gelegt. Er selbst habe einen Vortrag über jüdische Religion gehalten und mit 15 Minuten gerechnet. Nach drei Stunden habe er immer noch Fragen beantworten müssen, „weil die Jugendlichen viel wissen wollten, aber nicht provokativ, sondern interessiert“. Daß es keine Provokationen gegeben habe, bestätigte auch Swetlana Seliwanowa, eine der sieben ReiseteilnehmerInnen von der Dresdner Jüdischen Gemeinde. Anders als vom Spiegel berichtet, der sich auf einen deutschen freien Journalisten beruft, hätten auch alle Rechtsradikalen die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht.

Auf einer Pressekonferenz in Dresden rechtfertigte gestern Oberbürgermeister Herbert Wagner (CDU) die von seiner Ausländerbeauftragten organisierte und begleitete Reise als „Wagnis“ und „unkonventionellen Weg zum Abbau von Antisemitismus“. Auch Roman König, Leiter der Dresdner Jüdischen Gemeinde, verteidigte das Ziel der Bildungsreise als „begrüßenswert“. Man müsse mit den Rechtsradikalen reden. Wer einmal Yad Vashem gesehen habe, der müsse radikale, antisemitische Gedanken „revidieren“.

Kritisch äußerte sich dagegen gestern der Leiter des Berliner Zentrums für Antisemitismus-Forschung, Wolfgang Benz: Mit dem Besuch einer Gedenkstätte für den Holocaust könnten rechtsradikale Jugendliche nicht bekehrt werden. Bei der Dresdener Aktion sei offenbar mit grenzenloser Naivität gehandelt worden. Antisemitismus sei gegenüber der Gewaltbereitschaft der Jugendlichen auch eher ein Randaspekt, sagte Benz im Deutschlandfunk.

Dresdens Ausländerbeauftragte Marita Schieferdecker-Adolph führte den Beginn ihres Dialogs mit Rechtsradikalen auf die Zeit nach dem Tod des Mosambikaners Jorge Gomondai zurück. Im Rahmen des Anti-Gewalt-Projektes der Bundesregierung sei dieses Gespräch auch auf zwei Tagungen der Evangelischen Akademie Tutzingen geführt worden. Dort hätten Dresdener Rechtsradikale nach einem Gespräch mit einem Auschwitz-Überlebenden den Wunsch geäußert, „nach Auschwitz zu fahren“.

Sie selbst habe das Reiseprojekt in Israel vorbereitet und mit der Jüdischen Gemeinde Dresden Vorträge für die Jugendlichen organisiert. Schieferdecker-Adolph bestätigte, daß der als „Gauleiter“ der Wiking-Jugend firmierende Neonazi Kaden an der Fahrt teilgenommen hat. Parteizugehörigkeiten und Funktionen der „stark rechtsgerichteten“ Teilnehmer seien ihr vor dem Abflug jedoch nicht bekannt gewesen. Zum Programm gehörten auch ein Vortrag des Vorsitzenden der Israelisch- Deutschen Gesellschaft und Begegnungen mit jungen Israelis. dek