Ist Dasa-Lemwerder rentabel?

■ taz-Gespräch mit Dasa-Sprecher Rotter und Betriebsrat Beckmann

Kann das Flugzeugwartungswerk Lemwerder auf Dauer mit der weltweiten Konkurrenz mithalten oder nicht? Die Betriebsräte sagen „Ja“. Die Geschäftsführung hält das Werk nicht für rentabel. Verhandelt wird nicht darüber. Wir haben beide Seiten nacheinander befragt und die Antworten zusammenmontiert. Als Vertreter des Luft- und Raumfahrtkonzerns Dasa in München stand uns Pressesprecher Eckehart Rotter Rede und Antwort, in Lemwerder Betriebsrat Hans-Joachim Beckmann.

taz: Der Betriebsrat sagt, man habe volle Auftragsbücher für nächstes Jahr. Wieso schließt Dasa dieses Werk?

Eckehart Rotter: Sie bekommen am Markt nur noch 35 US-Dollar für eine Arbeitsstunde, die tatsächlichen Kosten sind jedoch doppelt so hoch, nämlich 70 US- Dollar. Angesichts der Überkapazitäten auf dem Wartungsmarkt müssen Sie zum Marktpreis anbieten. Außerdem werden bei der Wartung von zivilen Flugzeugen weitere Kapazitäten in Niedriglohn-Ländern aufgebaut, zum Beispiel in Ungarn oder im Fernen Osten, die sogar für unter 30 Dollar anbieten.

Hans-Joachim Beckmann: Das ist doch merkwürdig: Von Tag zu Tag setzen die den Kostensatz in anderen Werken niedriger an. Der Wirtschaftsausschuß der Dasa hat vor vier Tagen noch von 45 US-Dollar gesprochen.

Nun hat man sich in Lemwerder überlegt, billiger zu werden, indem man nur noch das für die Flugsicherheit Notwendige wartet.

Eckehart Rotter: Die Preisentwicklung auf dem Weltmarkt verläuft rascher nach unten als die Kostendeckungsmaßnahmen, die in Lemwerder ins Auge gefaßt worden sind.

Hans-Joachim Beckmann: Wir haben die Zeitabläufe dieses Jahr erheblich verbessert: Anfang des Jahres lagen wir tatsächlich noch bei einem Stundensatz von 70 US-Dollar, den haben wir um 20 Prozent senken können. Und da ist noch mehr drin. Man muß übrigens nicht immer zum Weltmarktpreis anbieten: Den Auftrag aus China haben wir gekriegt, obwohl wir teurer sind und der Transport teurer ist. Schließlich ist die Qualität besser und die Fluggesellschaften können ihr Flugzeug wieder schneller einsetzen. Der Preis wird nicht fortlaufend absinken, weil das Thema Sicherheit allmählich wieder einen höheren Stellenwert bekommt.

Opfern Sie das Lemwerder Werk, damit das Werk in Manching mehr Arbeit bekommt?

Eckehart Rotter: Nein. Wir wollen ja ganz raus aus dem zivilen Wartungsgeschäft wegen der Lohnkostensituation. Nach Manching verlagert werden nur die militärischen Wartungsgeschäfte. Aber auch hier gibt es eine ähnliche Entwicklung, da die Luftwaffe Angebote aus anderen europäischen Ländern einholt und uns mit diesen Kosten konfrontiert. Hier wird die Entwicklung also nur etwas verzögert verlaufen.

Hans-Joachim Beckmann: Manching bekommt unsere Transall-Wartungsaufträge, weil die Schwierigkeiten wegen des Eurofighters haben. Dabei liegen wir mit 50 Mark unter dem Stundensatz von Manching.

Die Lemwerderaner haben ihre Hoffnung auf die Umrüstung von ausgedienten Passagierflugzeugen zu Frachtern gesetzt — das sei lukrativer und konkurrenzloser. Wieso zieht die Dasa-Leitung auch dieses Standbein weg?

Eckehart Rotter: — Wenn Sie die zivile Wartung, die Verlust bringt, abziehen, dann haben Sie eine hohe Fixkostenbelastung wegen des ganzen Betriebsgeländes, des Maschinenparks et cetera, diese Kosten fallen laufend an. Das Unternehmen hätte dann eine unterkritische Größe erreicht, deshalb muß man auch die Umrüstung verlagern.

Hans-Joachim Beckmann: Interessante Logik. Erst ziehen sie die Beine weg, und dann beschweren sie sich, daß wir nicht mehr laufen können.

Die Lemwerderaner glauben, daß man mit dem wachsenden Umrüstbereich die schrumpfenden Wartungsaufträge durchaus ausgleichen kann ...

Eckehart Rotter: Das haben wir ja durchgerechnet, aber das ist nicht realistisch.

Hans-Joachim Beckmann: Die gleichen Leute von der Dasa haben noch vor vier Wochen was ganz anderes gesagt. Das ist ein unwahrscheinlich guter Markt: Zur Zeit steht die Umrüstung von 50 Flugzeugen an, wo wir große Chancen haben, daß wir die Aufträge kriegen.

Wieso läßt man die Lemwerder-Belegschaft nicht noch die zwei Jahre weiterarbeiten, für die sie Aufträge hat?

Eckehart Rotter: Um wieder wettbewerbsfähig, also profitabel zu sein, müssen die Kapazitäten rasch angepaßt werden, dazu gehört auch die harte Maßnahme einer Werksschließung. Erfolgt sie nicht rasch, hat man keine Kostensenkungseffekte.

Hans-Joachim Beckmann: Aber so schnell kriegen die das doch gar nicht hin: Damit in Manching die Transall gewartet werden können, braucht man bestimmt drei Jahre Umbauzeit.

Fragen: Christine Holch