Sanssouci
: Vorschlag

■ Enkeltrom / Einzelzimmer - Eine Ausstellung

Die zwei Skandinavier waren ratlos. Sie hatten quer durchs Haus an mehreren Türen geklopft, doch die angekündigten „Einzelzimmer“ im Rahmen von „norsk kultur '93“ nicht gefunden. Die Ausstellungsräume, in denen sich jeweils sechs KünstlerInnen aus Berlin und Norwegen eingerichtet haben, liegen versteckt hinter Ecken, Gängen, Kantinen und einer Leihbücherei im Erdgeschoß des Bethanien. Selbst wiederum in Kojen und Nischen verschachtelt, wäre die „Einzelzimmer“-Situation, als ironische Anspielung auf die Gegebenheiten des Betriebs, aber auch die konkrete Vergangenheit des Hauses als ehemaliges Krankenhaus, insofern site-spezifisch nahezu perfekt erfüllt.

Doch gegen jedwede konzeptuelle Raffinesse wurde nur eine Vielfalt zusammengewürfelt, die selbst in dem aus der Wohnungsnot geborenen Gemeinschafts-Atelier für Widerstreit sorgen müßte: Klang-Installationen balgen sich mit Computer-Animationen; Adlerküken aus weißem Kunst-Flaum hacken gegen das Geräusch quer durch den Raum gespannter, elektrisch betriebener Metallpeitschen an, und die kleinformatigen Nackenlehnen des unter dem Coporate-Identity-Password PJ World arbeitenden Per Jonas lappen in die minimalistischen Textfragmente von Sofie Persvik über. Alles hat Methode, aber kein System, auch wenn die Gruppe sich als ein Verbund kritisch miteinander kommunizierender KünstlerInnen versteht.

Zwar haben die hier beteiligten KünstlerInnen das Prinzip der Werk-Autonomie gebrochen, doch diesen Bruch nicht in einem konterkarierenden Zusammenspiel der Phänomene intensiviert. Es setzt sich einfach nur das stärkste durch. So haben neben Christian Bilgers Installation „Tiny kinetic heap II“ – eine gewaltige Maschine aus Holz, Basketbällen und Plastikrohren, auf die kleine Stahlstifte rhythmisch stoßen – weder die Foto-Doppelungen von Jiri Havran noch Kalle Grudes stummes Megaphon zum Thema „Good, Bad and Hero“ eine Chance, sich optisch oder gar akustisch durchzusetzen.

In den verschiedenen Raumsituationen wurden quasi wie bei einem Puzzle immer bloß Teile der Gesamtkonzeption aufgebaut, etwa Oliver Scholtens „Inner Circle“-Serie mit Aquariumfotos, die sich in der Erinnerung bildhaft summieren. Dagegen verbindet Ralf Behrendt mit „For the Birds“ die verschiedenen Räume durch schwarze oder gelbe Schutzfolien, die außen an die Fenster geklebt wurden. Durch dieses wiederkehrende Motiv bekommt man ein Gefühl für den Raum, ohne daß die Arbeit selbst dabei als anwesend wahrgenommen wird. Die unentwegte Präsenz der restlichen Elemente macht eine solche Spannung in der bemühten Differenz allerdings eher gleichgültig. Harald Fricke

Bis zum 28.11. im Kunstamt Kreuzberg/Bethanien; Mariannenplatz 2; Di.–So. 12–18 Uhr, Mi. 12–20 Uhr.