Erklärung
: „Geschichte darf nicht ausradiert werden“

■ betr.: „Jetzt ist der Strudl verbrannt“, taz vom 23.10.93

Die Verleihung des Jean- Paul-Preises 1993 des Freistaates Bayern an die Schriftstellerin Gertrud Fussenegger – ausdrücklich für ihr Gesamtwerk – stellt einen exemplarischen Fall der Gedanken- und Taktlosigkeit dar: Denn ausgezeichnet wird – auch – den Anschluß und den Führer verherrlichende Lyrik und ausgezeichnet wird – auch – sozial Schwache und Menschen jüdischen Glaubens herabwürdigende Prosa.

Die Autoren erklären ihre Solidarität mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland, der die Würdigung einer Antisemitin und ehemaligen Nationalsozialistin kritisiert hat, werten die Zurückweisung der Kritik des Zentralrats als sachlich nicht fundiert und warnen vor einem Rückfall in den alten Kulturkampf von rechts.

Geschichte darf nicht ausradiert werden. Auch Fusseneggers Denken und Schreiben ist Teil unserer Geschichte und Teil unseres Scheiterns. Wer die Unworte von Gertrud Fussenegger gleichzeitig leugnet und auszeichnet, verweigert der gesamten Gesellschaft ein ehrliches Bild von dem, was war.

Österreich und Bayern, 24. Oktober 1993

Elfriede Jelinek, Marie-Thérèse

Kerschbaumer, Elfriede Gerstl, Gerhard Roth, Gerhard Ruiss, Josef Haslinger, Friedrich Achleitner, Wien, Heimrad Bäcker, Pg. ab 1943, Linz, Karl Krieg, Manfred Kempinger, Stefan Rammer und Manfred Böckl, Passau, Elfi Hartenstein und Carlo Ross, Regensburg, das Innsbrucker „Projekt Gedenkdienst e.V.“, die Welser „Initiative gegen Faschismus“ und die „Braunauer Zeitgeschichte-Tage“