Ermittlungen wegen unzureichenden HIV-Tests

■ Koblenzer Blutplasma-Firma vorläufig geschlossen / Bundesweit Frischplasma beschlagnahmt / Bundestag beschließt heute Aids-Untersuchungsausschuß

Koblenz/Bonn (AP/dpa/taz) – Die rheinland-pfälzischen Behörden haben gestern die Koblenzer Firma UB-Plasma vorläufig geschlossen, weil Blutprodukte mit unzureichenden Verfahren auf den HIV-Virus untersucht wurden. Dem Unternehmen wurde die Erlaubnis für die Herstellung und den Vertrieb von Frischplasma entzogen. Gegen die Verantwortlichen der Firma ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen Betruges, fahrlässiger Körperverletzung und Verstößen gegen das Arzneimittelrecht.

Der Firma wird vorgeworfen, aus Kostengründen mehrere Blutspenden zu einem sogenannten Pool zusammengefaßt und erst dann auf Aids-Viren getestet zu haben. Dies sei nach dem Arzneimittelrecht verboten und könne zu falschen Testergebnissen führen, erklärte ein Experte des Regierungspräsidiums Koblenz. Jede Spende müsse einzeln geprüft werden. Oberstaatsanwalt Norbert Weise sagte, durch das Pool-Verfahren habe die Firma einige zehntausend Mark gespart. Es gebe Anhaltspunkte dafür, daß in einigen Fällen gar keine Tests vorgenommen worden seien.

In einer bundesweiten Beschlagnahmeaktion wurden in insgesamt 53 Krankenhäusern alle Blutprodukte von UB-Plasma sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt seit Mitte Oktober gegen UB-Plasma. Die Aktion gegen die Firma wurde ausgelöst, nachdem eine Mitarbeiterin bei einer Vernehmung ausgesagt hatte, daß das Blut nicht ausreichend auf HIV-Viren getestet werde.

Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) kritisierte gestern erneut das Bundesgesundheitsamt (BGA). Dieses habe 1991 Hinweise gegen UB-Plasma für sich behalten und sei auch bei den ersten Verdachtsmeldungen 1993 nicht ausreichend aktiv geworden.

Die Parteien der Regierungskoalition und die SPD-Opposition im Bundestag haben sich gestern auf einen gemeinsamen Antrag zur Einsetzung eines Aids-Untersuchungsausschusses geeinigt, nachdem sich die SPD mit ihrem Vorschlag einer unabhängigen Expertenkommission nicht durchsetzen konnte. Der Antrag soll bereits heute im Bundestag beschlossen werden.

Der Ausschuß soll untersuchen, ob und in welchem Umfang die Bundesregierung und die der Aufsicht des Gesundheitsministeriums unterstehenden Behörden für HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte verantwortlich sind. Auf Wunsch der Koalitionsparteien prüft der Ausschuß ferner, ob die Opfer der Affäre entschädigt und wie die Sicherheit beim Umgang mit Blutprodukten verbessert werden können.