■ Soundcheck
: Red House Painters / Li Zhengui Ensemble

Heute abend: Red House Painters. Nicht als erster bewegt sich der Sänger Marc Kozelek in dem fulminant herunterziehenden Dreieck Romantik, Melancholie und Verlassensangst. Das Private immer auch öffentlich auszutragen, weil das Private einen auf Tour ja auch immer wieder einholt, halten Kozelek und seine Red House Painters für eine Selbstverständlichkeit. Über galante Notstände sprach Kozelek mit Kristof Schreuf.

taz: Wie ist heute dein Lebensgefühl?

Kozelek: Ein unsicheres, weil ich nicht weiß, mit wem meine Freundin heute ausgeht. Ich sitze hier, bin weit weg und sie schläft vielleicht gerade mit einem meiner besten Freunde.

Möchtest du lieber nicht unterwegs sein?

Ungern, weil es mir schon mal den Boden unter den Füßen wegzieht. Songs sind gut für mich, weil sie mir zeigen, daß es außer der Freundin noch anderes gibt, für das ich meine Nerven hingeben möchte. Songs sind aber auch schlecht für mich, weil ich gleichzeitig an ihnen hänge, sie aber für mich nichts tun, was mir aus schlechter Laune heraushilft.

Keine Bandmitglieder und Freunde zum Ausdiskutieren?

Die Band habe ich unordentlich und zum größeren Teil aus Zufällen rekrutiert. Ich weiß nicht so genau, für was eine Band außer dem Spielen noch da ist. „Ausdiskutieren“ klingt für mich auch nach viel Aufwand. Wie sagte doch der Sänger Bon Scott „Doin' nothin' means a lot to me“. Ein großer Mann.

Du bist wahrscheinlich nicht politisch interessiert?

Für so etwas bin ich einfach zu beschäftigt. Das seltsame ist: Ich habe gar nicht so viel zu tun und trotzdem nie meine Ruhe. Ich habe beim besten Willen nicht die Kraft, mich auch noch für Dinge zu interessieren, über die sich niemand in meiner Umgebung äußert.

Deine Songs klingen durchweg so, als müßte großen Fragen nicht nur mit Nachdenken sondern auch mit Geschmack begegnet werden. Hat Ambition nicht auch mit Politik zu tun?

Irgendwann mündet meine Arbeit vielleicht nicht mehr in neue Arbeit. Irgendwann, könnte ich mir vorstellen, bringe ich meine Freundin um oder bewerbe mich für den Kongreß. Aber „Ambition“ ist für mich eher ein Wort für Sportler.

Logo, 21.30 Uhr

Heute und morgen abend: Body Count. Ich finde Body Count geiler als Ice-T solo!

Große Freiheit, 20 Uhr

Heute abend: Li Zhengui Ensemble. Das Perkussionsensemble um den Musikprofessor Li Zhengui, das heute abend das erste Mal in Deutschland gastiert, ist ein Kunstereignis. Die jahrelange Forschung nach dem rhythmischen Brauchtum im Reich der aufgehenden Sonne hat Li Zhengui mit seinen Musikern in Kompositionen von bizarrer Schönheit übertragen. Das pseudo-folkloristische „Ling-Lang-Bimelim“, was unsereiner so mit China assoziiert, wird von der Truppe weiträumig umfahren. Brutale Ausbrüche nach feinsten Lauten, vehemente rhythmische Rede und extrem schwierige Schlagfolgen verklagen jeden Glauben an den gleichmütig musizierenden Chinesen. Dabei spielt die ungeheure Vielfalt der Klangkörper eine weitere entscheidende Rolle beim Reinigen des von Vorurteilen verklebten Ohrgangs. Daß die Gruppe zudem versucht, behutsam Einflüsse der zeitgenössischen Musik mit dem Erbe zusammenzuführen, tut der Sache keinen Schaden.

tlb

Markthalle, 21 Uhr

Außerdem: Im Störtebeker im Hafen kommen heute mal wieder die Italo-Punker aus dem Aosta-Tal KINA zu Wort. Nach den Berlinern Apoplexy (21 Uhr) preisen sie Melodik-Punk mit Akustikballaden. „Und auch heute gilt: Wir kochen, sie waschen ab (Riebe).“ (Kleine Geheimbotschaft?)