Echte Ärzte-Fans werden niemals älter

■ Die Ärzte sind wieder da, und es ist so, als hätte es nie eine Trennung gegeben

Anti-Schweiß-Pillen haben die Ärzte am Samstagabend im Docks zwar nicht verteilt, auch keine Pillen, die Atemluft zuführen, aber dafür rockten sie, daß die Anneliese Schmidt abging. „Ihr solltet das etwas genießen“, sagte Farin, Sänger und Gitarrist des Ärzte-Trios, „es gibt meines Wissens nicht viele Bands, bei denen das Publikum dasteht und so intelligente Texte mitsingt wie „Anneliese Schmidt“.

1983 haben sie begonnen, Konzerte zu geben, 1988 haben sie aufgehört. „Wir sind die Ärzte aus Berlin, und wir wollten nie wieder spielen - wir haben es geschworen. Selbst die Ärzte bescheißen, wo sie wollen“. Jetzt fangen sie wieder an, und der brachiale Erfolg gibt ihnen natürlich recht. 33 Konzerte umfaßt ihre ausverkaufte Tournee, diverse Wiederholungskonzerte (auch in Hamburg) werden folgen.

Die Fans grölen die Texte mit, was das Zeug hält, sie brüllen den Text auch alleine, wenn Farin, Bela B. und Rod nur den Musikhintergrund geben wie bei dem verbotenen Song „Geschwisterliebe“.

Außer sich und die Fans veräppeln zu wollen, sind die drei vorlauten Jugendlichen auch deswegen wieder da, nicht nur „weil die Milch teurer geworden ist“, sondern auch, weil sie meinen, daß es zu wenige Bands gibt, die sich - neben Grönemeyer, BAP und den Toten Hosen - zur wachsenden neofaschistischen Gewalt äußern.

„Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe, deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit, du hast nie gelernt, dich zu artikulieren, deine Eltern hatten nie für dich Zeit“ lauten ihre neuen Reime, die im schlichten deutschen „Arschloch“ enden und auch von MTV mit Ausdauer gefunkt werden. Wenn die Luft im Saal auch knapp wird, die Ärzte haben jedenfalls wieder Zeit für ihre Fans. Hallo Freunde...

Simone Ohliger