Sozial Schwächere nicht in Bedrängnis bringen

■ betr.: „Handgranaten gegen Schic ki-Lokal“, taz vom 19.10.93

Ich klatsche nicht Beifall zu dieser Art von Kiezsäuberungspolitik, Ich lehne sie total ab. Ich bin für kulturelle Vielfalt – ich bin für Multikultur über alle Klassen und Rassen hinweg. Sowie finanziell etablierte Menschen in ihren Lebensäußerungen toleriert werden wollen, sowenig dürfen sie diese aber zum allgemeinen Maßstab erheben und sozial Schwächere ständig in Bedrängnis bringen.

Ich erwarte von denjenigen, die über Grund und Boden, über Immobilien, über Macht und Geld verfügen, auch Achtung und Toleranz gegenüber sozial Schwächeren, für Menschen mit einer anderen, finanziell weniger gewinnbringenden Lebensphilosophie und deren Lebenskultur. Letzteres wird aber stetig mit Wohnraum- und sonstiger Finanzspekulation mißachtet. Auf diese Weise wird preiswerter Wohnraum zerstört, erfolgt eine sozialhygienische Verdrängung und die ständige Zerstörung inoffizieller Lebenskultur von Andersdenkenden und Anderslebenden. So z.B. wurde Mitte der achtziger Jahre fast die gesamte Hausinstandbesetzerkultur zerstört, explizit die für diese Bewegung künstlerisch ausdsrucksstärksten Brandwandmalereien des KuKuCK. Wer Achtung und Toleranz erwartet, muß diese auch Andersdenkenden gewähren. Werner Brunner