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„Stürmische Begegnung“, ZDF, Sa., 20.15 Uhr

Die Vögel zwitschern, die Sonne lacht, und alle Menschen sind wunderschön. Auch die todkranke Mutter, die dekorativ hingegossen auf einer südländischen Terrasse ruht. Während die Grillen zirpen, drückt sie Tochter Rebecca noch einmal ans Herz. Eine Szene, viel zu holzschnittartig, um an die Nieren zu gehen. So blieben die Augen am Samstag abend leider trocken. Schade, schade. Selbst das schafft das deutsche Fernsehen heute nicht mehr.

Ein Melodram war das also nicht, die erste Rosamunde-Pilcher-Verfilmung des ZDF. Für neun weitere Schmöker der englischen Bestsellerautorin haben die Mainzelmännchen die Rechte erworben. Zu hoffen ist, daß der nächste Regisseur dann mehr Dampf macht als Helmut Förnbacher. Seine „Stürmische Begegnung“ ist von einer so atemberaubenden Temperamentlosigkeit, daß manche wahrscheinlich zu Heinos Wunschparty auf Sat.1 umgeschaltet haben.

Dabei gibt die Story durchaus etwas her. Auf der Suche nach ihrer unbekannten Familie trifft Rebecca auf eine Reihe absonderlicher Menschen – ihre Verwandten eben. Bald stellt sich heraus, daß die feine Mischpoke nur eins bewegt: nämlich ihr Erbe. Für Vetter Eliot und Tante Mollie ist die neue Cousine eine bedrohliche Konkurrenz. Zudem ist sie hübsch, sie becirct die Männer und verführt ihren Künstler-Großvater nach Jahren der Abstinenz wieder zum Malen.

Stoff genug für einen netten, rührseligen Film. Wenn das Drehbuch den Akteuren mehr Tiefenschärfe verliehen hätte und die Regie mit mehr Einfällen an den Film gegangen wäre. Doch Förnbachers Phantasie kam über die eines Wetterfroschs nicht hinaus: gute Stimmung – Sonnenschein; schlechte Stimmung – Regen und Sturm.

So konnte man sich nur an Bildern weiden: an gediegenen englischen Landhäusern, an der märchenhaften Hügellandschaft Cornwalls und an der hinreißenden Sophie von Kessel. Sie spielte sie alle an die Wand: Michael Lersch, Horst-Günter Marx, Rolf Hoppe, Louise Martini und Heidelinde Weis. Sie bewegte sich so selbstverständlich, so anmutig und natürlich vor der Kamera, daß man phasenweise sogar das Drehbuch und die Regie vergaß. Nur dafür lohnte es, den Samstag abend vor der Glotze zu verbringen. Heide Soltau