■ Mit Wechselstuben auf du und du
: Geldwaschsalon

Amsterdam (taz) – Müssen sich Touristen in den meisten Städten der Erde an die Bank- öffnungszeiten halten, um an die Landeswährung zu kommen, ist Amsterdam ein wahres Paradies. 106 Wechselstuben versorgen die Besucher mit niederländischen Gulden. Was aber auch der Polizei lange vorenthalten blieb, ist, daß in den Amsterdamer Wechselstuben die Organisierte Kriminalität Geldwäsche betreibt. Nach Schätzungen werden dort jährlich mehrere Milliarden Gulden (1 Gulden entspricht 1,10 DM) insbesondere aus dem Drogenhandel gewaschen.

Inzwischen stehen 37 Amsterdamer Wechselstuben im Verdacht, hauptsächlich als Basis krimineller Organisationen zu dienen. Das Prinzip ist einfach: Geld aus illegalen Quellen wandert über den Tresen und wird so gegen von Touristen ins Land gebrachte fremde Währungen eingetauscht. Der Vorteil: Für Steuerfahndung und Polizei ist nicht nachvollziehbar, welche Summen tatsächlich von Touristen hereingebracht wurden und wieviel Geld aus völlig anderen Quellen stammt.

So wurde die Polizei auf das illegale Geschäft erst aufmerksam, als ein Besitzer von drei Wechselstuben angab, im vergangenen Jahr etwa eine Milliarde Gulden gegen Pfund getauscht zu haben – das wäre vermutlich mehr, als sämtliche britischen Touristen in Amsterdam ausgegeben haben. Der Umsatz in den fünf Wechselstuben einer letzte Woche festgenommenen Familie hat sich nach deren Angaben seit 1991 verfünffacht – auch das ist legal kaum möglich. Des weiteren schätzt die Polizei, daß für die Versorgung der Touristen mit Gulden fünf oder sechs der 106 Wechselstuben in Hauptbahnhofnähe ausreichen würden.

Die Wechselstuben in Amsterdam erledigen bei der Geldwäsche sozusagen den Vorwaschgang. Als nächster Schritt wird das gewechselte Geld nach Belgien, Luxemburg oder Deutschland gefahren und dort gegen Gulden oder Dollar zurückgetauscht und nach Holland reimportiert.

Entsprechend der Forderung von Banken, Steuerfahndung und Polizei erwägt das niederländische Finanzministerium nun, Wechselstuben unter die Bankenaufsicht zu stellen. Experten glauben allerdings nicht, daß das viel nützt: Schwarzgeld finde immer einen Weg, meinen sie. Jeannette Goddar