Nix los in Habenhausen

■ Angebote für Jugendliche: Ausländische Jungs finden viel, Mädchen wenig Attraktives.

hier die Jungs am Kicker

An manchen Tagen dürfen auch die Mädchen...Christoph Holzapfel

„Da draußen stehen Jugendliche rum, können Sie die nicht wegschaffen?“ Solche telefonischen Anfragen erhalten die MitarbeiterInnen des Amtes für Soziale Dienste in Bremen immer öfter. Vor allem ältere Leute fühlen sich von Jugendlichen schnell bedroht. Aber auch auf spielende Kinder wird immer empfindlicher reagiert. In der Neustadt wurde gar der Bolzplatz an der Thedinghauser Straße geschlossen — mit der Begründung „Lärmimmissionen“.

Während sich die Stimmung gegen Jugendliche in den Stadtteilen offenbar verschärft, geht die offene Jugendarbeit immer genauer auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ein. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die im Auftrag der Senatskommission für das Personalwesen die offene Jugendarbeit in Bremen unter die Lupe genommen hat. In der Arbeitsgruppe saßen VertreterInnen des Jugendressorts und des Amtes für Soziale Dienste.

„Es ist nichts überflüssig“, stellt Michael Schwarz vom Ressort für Jugend fest. Äußerst flexibel hätten die Bremer Einrichtungen auf neue Anforderungen reagiert und Angebote gemacht für junge Jugendliche (10 bis 14 Jahre), für gewaltbereite Jugendliche, ausländische Jugendliche und Mädchen. Mädchenräume

etwa gibt es mittlerweile fast in jedem Freizi, anderswo dafür reine Mädchennachmittage. Ausländische Mädchen allerdings erreicht man noch fast gar nicht.

Besonders gut ist die vor zehn Jahren geforderte Hinwendung zu ausländischen Jugendlichen gelungen — so erfolgreich, daß in manchen Freizis der Anteil der ausländischen Besucher 80 Prozent beträgt. Dieses Interesse sei angesichts der durchweg schlechteren Lebensbedingungen von Ausländern nicht verwunderlich, heißt es in dem Bericht. Im Findorffer Freizi ist der Anteil ausländischer Jugendlicher mittlerweile auf 60 Prozent gesunken — nicht, weil sie woanders hingingen, sondern weil man mit einer intensivierten Mädchenarbeit viele deutsche Mädchen anlocken konnte. Das Gröpelinger Freizi scheint dagegen nach wie vor nur für wenige deutsche Jugendliche Anlaufpunkt zu sein. Von einer Überversorgung ausländischer Jugendlicher kann jedoch nicht gesprochen werden: Noch immer fehlt eine Jugendeinrichtung im Gröpelinger Ortsteil Lindenhof, wo der Ausländeranteil unter den Jugendlichen fast 34 Prozent beträgt (Durchschnitt 20 Prozent).

Immer mehr Jugendliche schließen sich zu Cliquen zusammen. Die Arbeitsgruppe sieht darin den Versuch der jungen

Leute, sich in dieser unübersichtlichen Welt zu definieren. Das Problem ist allerdings: Cliquen definieren sich häufig in Abgrenzung zu anderen. In den Jugendfreizeitheimen Horn-Lehe und Tenever wurden durch kleinere Umbaumaßnahmen mittlerweile separat zugängliche Cliquenräume geschaffen.

Die Arbeitsgruppe hat bei ihrem Gang durch die Stadtteile allerdings auch Mängel festgestellt. Darüber sollen nun die Träger vor Ort, einschließlich der Schulen beraten. „Es muß aber nicht für jede Clique ein Modellprojekt aus dem Boden gestampft werden“, meint Wolfgang Quitte vom Amt für Soziale Dienste. Oft genüge ein Container für ein Jahr oder ein Basketballkorb.

Eindeutig unterversorgt ist Kattenturm. Noch immer ist der abgebrannte Jugendclub nicht wiederaufgebaut. In Habenhausen und Arsten fehlen Jugendtreffs völlig. Auch die Jugendlichen in Schwachhausen vermissen einen Cliquentreff. Die vielfältigen Angebote von Kirchen und Sportvereinen werden von den Cliquen nicht angenommen. Unterversorgt ist auch Vegesack: Dort nimmt die Anzahl obdachloser junger Menschen zu, im Sommer leben sie am „Utkiek“ am Vegesacker Hafen. Für obdachlose Drogenabhängige fehlt ein niedrigschwelliges Angebot, etwa ein Schlafhaus. So richtig gut ausgestattet ist eigentlich nur Woltmershausen mit vier kleinen Einrichtungen. Aber auch hier, wie fast bei jedem Stadtteil, hat die Arbeitsgruppe angemerkt: „Unterentwickelt sind die Angebote für Mädchen“.

Ob sich daran was ändern wird bei der derzeitigen Finanzknappheit der Stadt? Zwar sind alle rund 75 festen Stellen in den Freizis und bei Freien Trägern erhalten geblieben, jedoch fast keine ABM-Stelle. Für die vielen Projekte hofft das Ressort noch auf Gelder aus dem sogenannten Projektmitteltopf. Für drei Jahre gesichert werden konnte allerdings die Arbeit des Vereins für akzeptierende Jugendarbeit: Er wird drei Jahre lang vom Bundesjugendministerium als Modell gefördert. cis