Plasma-Skandal: 36 Patienten betroffen

■ Luther hält Ansteckungsgefahr mit Aids für höchst unwahrscheinlich / In 14 Kliniken wurden Präparate gefunden

Der Aids-Skandal weitet sich immer mehr aus. Inzwischen wurden in 14 Berliner Krankenhäusern Präparate gefunden, die möglicherweise mit Aids-Viren verseucht sind, berichtete gestern Gesundheitssenator Peter Luther (CDU). Auch wenn er mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ ausschließe, daß die mit den Plasma-Präparaten behandelten Patienten infiziert worden seien, würde „vorsorglich“ in allen 104 Berliner Krankenhäusern eine weitere Verwendung der Pharma-Produkte gestoppt. In Berlin konnten bis gestern 36 Patienten ermittelt werden, die mit Präparaten der Firma UB-Plasma behandelt worden sind. Die Koblenzer Firma hatte Plasma vermischt, so daß ein eindeutiger Nachweis von Aids-Erregern nicht mehr nachweisbar gewesen sein soll (die taz berichtete).

Die 36 Patienten waren ausschließlich im Klinikum Buch behandelt worden. Im Gegensatz zu anderen Krankenhäusern sollen hier die Ärzte noch am Wochenende Kühlschränke kontrolliert und Akten gewälzt haben, von anderen Krankenhäusern stehen Berichte noch aus. Wie Luther berichtete, seien von den Betroffenen 8 bereits verstorben, allerdings nicht an einer Aids-Infektion. Die anderen 28 Patienten habe man gebeten, sich auf HIV untersuchen zu lassen. Er erwarte durchweg negative Testergebnisse.

Die Suche nach Präparaten von UB-Plasma gestaltet sich ausgesprochen schwierig. An Berliner Krankenhäuser seien jene Produkte von den Firmen AB-O (München), Octapharm (Langenfeld/NRW), Pharma Dessau (Sachsen-Anhalt) sowie Biotest (Dreieich/Hessen) geliefert worden. Diese hätten die Präparate teilweise neu etikettiert und auch zu anderen Produkten weiterverarbeitet. Manche Krankenhäuser haben ihre Kühltruhen – im Gegensatz zum Klinikum Buch – offenbar nicht richtig kontrolliert. Einige sollen Luthers Sonderstab bereits Entwarnung gegeben haben. Dies soll nach Angaben des Senators dann der Fall gewesen sein, wenn die in Verdacht geratenen Präparate nicht über die gemeldeten Pharmazieunternehmen, sondern vom Großhandel bezogen worden waren. Luther wollte nicht ausschließen, daß sich der Aids-Skandal auf andere Pharmaunternehmen und Präparate ausweitet. Der Gesundheitssenator hat sich deshalb gestern bei Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) dafür eingesetzt, noch diese Woche eine Sondersitzung der Länderministerien einzuberufen, um sich auf ein bundeseinheitliches Vorgehen zu einigen.

Aufgrund des Aids-Skandals hat sich die Nachfrage nach Plasma-Konserven verstärkt. Beim DRK (Deutsches Rotes Kreuz) seien bereits am Freitag letzter Woche mehr Konserven angefordert worden, sagte Abteilungsleiter Arnold Vornwald.

Wie Luther so appelliert auch das DRK, mit Konserven sparsam umzugehen. Bernd Köppl, gesundheitspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, erinnerte daran, daß bei vier Fünfteln aller Operationen auf fremde Konserven verzichtet werden könne, wenn ein bis zwei Tage zuvor dem Patienten Blut abgenommen werde. Auch das DRK favorisiert die Eigenblut-Konserven. „In diesem Jahr erwarten wir bereits über 6.000 Eigenblutspender“, sagte DRK-Sprecherin Eva-Maria Wehling. Dirk Wildt

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