■ Mit Hyundais Boß auf du und du
: Ohne Reue

Seoul/Berlin (AP/taz) – Der Ausflug in die Politik mißlang. Chung Ju Yung, Chef des Hyundai-Konzerns kandidierte im letzten Dezember höchstselbst für das Amt des Präsidenten Südkoreas. Aber nur 16 Prozent der Stimmberechtigten haben ihn gewählt. Jetzt hat ihn ein Gericht zu drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Chung Ju Yung habe, so lautet der Vorwurf, 62,8 Millionen Dollar (etwa 100 Millionen Mark) illegal aus seinem Konzern abgezogen, um damit seinen Wahlkampf zu finanzieren.

Besonders empörte den Vorsitzenden der Strafkammer, daß der Angeklagte nicht die mindesten Anzeichen von Reue zeigte. Der heute 78 Jahre alte Mann schien dem Gericht eine Personifikation jener „koreanischen Krankheit“ zu sein, gegen die der neue Präsident Kim Young Sam zu Felde gezogen war. Allerdings konnte man unter dieser Krankheit je nach persönlichem Geschmack Korruption, Mißwirtschaft oder unverschämte Lohnforderungen verstehen – wohl einer der Schlüssel zum Erfolg des Kandiaten Kim Young Sam.

Schwäche gegen Gewerkschaften war seinem Rivalen nicht vorzuwerfen, noch 1987 wurden Gewerkschafter schon an den Toren der Hyundai-Betriebe davongejagt. Auch von Mißwirtschaft kann keine Rede sein, Hyundai steigert mit Autos, Schiffen, Stahl, Erdöl, Elektronik und Großbauten seinen weltweiten Umsatz von Jahr zu Jahr. Vor allem in Europa hat Chung Ju Yung sehr genau die Mißerfolge der Japaner beobachtet und trat vorsichtiger auf. „Gewisse Qualitätsprobleme“, so ein Manager, beschädigen zum Beispiel den Ruf der Hyundai-Autos. In Deutschland lag ihr Marktanteil 1992 bei einem Prozent, in diesem Jahr baut der Konzern jedoch sein Servicenetz aus, Kooperation mit ostdeutschen Firmen soll die Strategie abstützen.

Bleibt die Korruption: ein Vorwurf, den Chung Ju Yung schon gar nicht versteht. Im April des 1992 wurden sein Sohn und sechs Konzernmanager verhaftet. Sie sollen mit Schwarzgeldern Rabatte an Transportunternehmen bezahlt haben. Das sei ein „allgemein akzeptiertes Verfahren“, schimpfte Chung Ju Yung und gründete umgehend seine eigene „Vereinigte Volkspartei“, die in Regionalwahlen Erfolge verbuchen konnte. Aber Wirtschaftsfachleute des eigenen Landes warnten vor einer Übermacht der Großkonzerne.

Der gescheiterte Präsidentschaftskandidat hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Ins Gefängnis wandert er ohnehin nicht, er wurde gegen Kaution freigelassen. Die unbekannte Summe dürfte rekordverdächtig sein. Chung Ju Yungs Privatvermögen wird auf 6,5 Milliarden Dollar geschätzt. nh