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„Wir machen keine Konversion“

■ Parlamentarier aus Ost und West zur Konversionstagung in Bremen

„Soziale und ökonomische Konsequenzen gekürzter Verteidigungsausgaben — Rüstungskonversion als regionale und industrielle Herausforderung“ ist das Thema einer Fachtagung, zu der der zivile Arm der Nato, die „Nordatlantik-Versammlung“ in diesen Tagen Parlamentarier aus West- und Osteuropa in den Festsaal des Bremer Rathauses geladen hatte. Nicht nur auf englisch und französisch, sondern auch auf russisch wurde simultan übersetzt — ein Zeichen für die gewandelten Zeiten.

Was jahrelang vor allem unter Friedensbewegten und unter Moralisten ein Thema war — „Konversion“ militärisch orientierter Industriepotentiale in zivile — ist seit dem Ende der Blockkonfrontation erzwungenermaßen einpraktisches Problem. Noch 1989 hatte die SU einen Anteil von 38 Prozent am weltweiten Waffenhandel — 1992 nur noch 17 Prozent. Der Zwang zur „Konversion“ hat in der DDR damit angefangen, daß 1990 jegliche Produktion von Rüstungsgütern per Volkskammerbeschluß schlicht eingestellt wurde. Im Westen trifft Bremen trauriger Ruhm: Am Anteil der in der Rüstungsindustrie Beschäftigten steht Bremen im westeurpäischen Vergleich hinter Cumbria und Essex (England) auf Platz drei — weit vor Oberbayern (14. Platz). Der Bremer Sozialdemokratie, die auf die Bundesparteitagen friedensmäßig immer ganz fortschrittliche Anträge einbrachte, war das Problem bekannt. Der spätere Bürgerscharftsabgeordnete Griesche hatte Anfang der 80er Jahre gründliche Untersuchungen darüber veröffentlicht.

Die Debatten um Konversion sind in Bremen 15 Jahre alt, erklärte Wirtschaftssenator Jäger gestern den Gästen aus Ost und West, praktische Wirtschaftspolitik zur Konversion gibt es aber erst seit einem Jahr. Der Abrüstungsbeauftragte Wolfram Elsner sagt heute: „Die meisten rüstungsabhängigen Betriebe sind noch nicht über den Berg“, ausgenommen vielleicht die Lürssen-Werft. Grund für die komplizierte Problematik der Konversion: Die Militäraufträge erfordern eine derart hochgezüchtete Technologie, daß es nicht so einfach ist, für abgeleitete Produkte zivile Märkte zu finden.

In Bremen sind im vergangenen Jahr 3,6 Millionen Mark aus EG-Mitteln in Konversions-Vorhaben einzelner Betriebe geflossen, im Dezember sollen noch einmal 12 Millionen vergeben werden. Über den Erfolg solcher Maßnahmen wird man erst in einigen Jahren reden können.

Die anderen europäischen Regionen, dies wurde auf der Tagung deutlich, sind noch längst nicht so weit, daß mit den einzelnen Industriebetrieben konkrete Konversionsprojekte verabredet sind. Außerhalb Bremens gilt, was der Vorstandsvorsitzende der Thyssen-Industrie erklärt hat: „Wir machen keine Konversion. Das ist ein Thema für Kirchentage und Talkshows. Stattdessen fahren wir bis auf Null zurück und bauen an anderer Stelle neue Produktionen auf.“

Daß Konversion auch ein Thema für internationales Palaver ist, zeigte sich gestern. Für die kleinen praktischen Ansätze gab es in den auf die große Perspektive angelegten Referaten keinen Platz. K.W.

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