■ Basketball
: Kinder des Olymp

Berlin (taz) – „Ich bin zu früh geboren“, jammerte Charles Barkley kürzlich in Anpspielung auf die horrenden Dollarbeträge, die neuerdings den Berufsanfängern im amerikanischen Basketball gezahlt werden. 75 Millionen Dollar kassiert der 20jährige Chris Webber bei den Golden State Warriors für 15 Jahre, 65 Millionen bekommt Anfernee Hardaway für dreizehn Jahre von Orlando Magic, und Shawn Bradley, eine fleischgewordene Ausgabe des Eiffelturms, erhält in Philadelphia 44 Millionen für acht Jahre. Den Rekord aber stellte einer auf, der schon etwas länger dabei ist: Larry Johnson von den Charlotte Hornets mit 84 Millionen für zwölf Jahre. Kein Wunder, daß die älteren Cracks der NBA vor Neid überschäumen und die Spielergewerkschaft vehement eine Aufhebung der salary cap fordert, die die Gehälter eines gesamten Teams auf 15,1 Millionen Dollar pro Jahr begrenzt und eine weitere Gageninflation verhindert.

Magic Johnson sieht neben der ökonomischen Hyperventilation noch einen weitere Gefahr. „Wenn die jungen Leute so viel Geld bekommen, bevor sie überhaupt etwas geleistet haben, zerreißen sie sich nicht mehr so, wie wir es taten.“ Das trifft in den Augen vieler Kritiker vor allem auf den 21jährigen Shaquille O'Neal zu, nach dem Rücktritt des gesamten Basketball-Olymps mit Magic Johnson, Larry Bird und Michael Jordan die schillerndste Figur des neuen NBA-Pantheons. Das Riesenbaby aus Florida hat die Sommerpause weitgehend mit Werbefeldzügen, Filmaufnahmen und der Produktion einer Rap-Platte verbracht. Dennoch ist Orlando Magic mit seiner fulminanten „Shaq-Attack“ und Anfernee Hardaways Raffinesse neben den Charlotte Hornets das Team, das in den nächsten Jahren am ehesten zum Herausforderer der New York Knicks werden könnte, die nach dem Jordan- Rücktritt als einsame Anwärter auf den Titel der Ost-Division gelten. Im Westen ist die Sache weniger klar. Sollte Charles Barkley trotz seiner Bandscheibenbeschwerden die Saison durchhalten, sind die Phoenix Suns favorisiert. Einen Strich durch die Rechnung könnten ihnen jedoch die Seattle SuperSonics machen, die mit Detlef Schrempf die ideale Verstärkung holten. Nicht zu unterschätzen auch die San Antonio Spurs, die den Detroit Pistons den exzentrischsten Spieler der Liga, Dennis Rodman, abspenstig machten. Gegen den 32jährigen mit dem gebleichten Blondhaar, der von sich selbst sagt, daß er außerhalb des Spielfeldes „ein Irrer“ sei, und den Spurs-Center David Robinson dürfte es für jeden Gegner schwer sein, auch nur einen einzigen Rebound zu ergattern, solange es Coach John Lucas gelingt, seinen widerborstigen Neuzugang am Ausflippen zu hindern.

Den kuriosesten Fang aber machten die Philadelphia 76ers mit dem 2,29 Meter großen, spindeldürrren Mormonen Shawn Bradley. Nach einer Saison auf dem Brigham Young College ging dieser für zwei Jahre als Missionar nach Australien. Als er jetzt zu den 76ers kam, war er körperlich so schwach, daß er sich fast nach jedem Training übergeben mußte, und auch eine Diät mit 7.000 Kalorien täglich konnte sein Gewicht gerade mal auf 110 Kilo treiben. Die Stärke des Spinnenarmigen ist naturgemäß das Blocken, die Würfe finden bislang selten ihr Ziel. Sein alter College-Trainer ist jedoch überzeugt, daß Shawn Bradley der beste der jungen Korb-Olympier ist: „Die anderen sind hervorragende Basketballer. Aber Körpergröße kann man nicht lernen.“Matti