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: Die Z.E.N.-Falle

„Z.E.N.“, täglich zum ARD- Sendeschluß

Da mich der Actionfilm anödete, suchte ich Alternatives und schaltete um aufs Erste Programm, wo es eine Meditationssendung mit dem Titel „Z.E.N.“ gibt. Aha, Zen-Buddhismus, vermutete ich zunächst – sah mich dann aber eines anderen belehrt: Z steht für Zuschauen, E für Entspannen und N für Nachdenken. Auch nicht schlecht, dachte ich. Ja, Pustekuchen!

Zuerst scheint alles in Ordnung. Die Kamera nähert sich, gemächlich durch eine Winterlandschaft schweifend, der Fläche eines zur Hälfte zugefrorenen Sees, an dessen Ufer vor azurblauem Himmel sich das kahle Geäst einer Eiche regt. Auf den froststarren Zweigen und Zweiglein läßt die Kamera nun ihr Auge ruhen und ist soweit wohlberaten. Indes – kaum beginnt der Betrachter sich zu versenken ins Spiel der verhaltenen Regungen des Geästes, in dem ein Wind oder Windchen ahnbar wird, da macht die Tonregie lärmend alles zunichte. Nicht, daß endlich die Schreie der fern auf dem See erkennbaren Bleßhühner zu vernehmen wären oder das leise Rascheln eines toten, erfrorenen Blattes, das über die Eisfläche trudelt, ach nein, das wäre ja geradezu genial – Musik setzt vielmehr ein. Das hatten wir wirklich schon lange nicht mehr! Ein Klavierspieler fügt der Natur bald forte, bald piano seinen musikalischen Senf hinzu, den der Regisseur, wahrscheinlich ein Mensch mit mittlerer Reife, für meditativ hält.

Aber nicht nur untermalen, kommentieren, musikalisch begleiten und womöglich steigern und verdichten will er, nein, auch belehren will er dich. Will dir zeigen, was nottut und wo's langgeht, und daß gerade du Jesus brauchst. Denn unvermittelt schwenkt die Kamera jetzt über einen Weidezaun hinweg, folgt einem Rain mit bereiften Gräsern und geht einen Feldweg hinaus, bis da – gleich kommt's! –, wo an einer Weggabelung – wie symbolträchtig! – ein Kapellchen mit bunt bemalter Madonna nebst Betschemel steht. Da ist es! Nun ist es passiert! Jetzt weißt du, daß der Kirchenfunk des Bayerischen Rundfunks die Produktion in Auftrag gegeben hat. Und ohne sich expressis verbis zu verraten – das ist souveräne Gestaltung –, hat die Regie es fertiggebracht, dich pastoral einzuseifen, wie's kaum besser in eigens dafür geschaffenen Bauwerken, sogenannten Kirchen, gelingt.

Zuschauen, entspannen, nachdenken – o si tacuissent pastores! Theodor Weißenborn