Unterm Strich

In wechselnden Abständen geistert das Konzept von der Tageszeitung als Wundertüte durch diese Hallen, und damit ist in der Regel gemeint, daß Sie, werte Leser, auf unseren Seiten die ein oder andere Überraschung erleben und sich daran delektieren, verlustieren und so weiter. Aber bei uns reihern sie eben leider immer in die ersten Sitze, und die Überraschung war ganz auf unserer Seite, als wir dienstags unser ureigenstes Blatt aufschlugen: Da fand sich doch, höchst prominent auf Seite 4, eine Eigenanzeige, gehalten im Stil der hier unlängst abgedruckten Titanic-Anzeigen, welche aber, ha!, statt zweier Brüste (zwei Brüste = ein Busen) einen barschen Männerschwanz zeigte. Es handele sich, verhieß man oben rechts, um eine „taz-Information für Titan-Wichser“, welche lautete: „Was Euch nicht steht, steht in der taz!“ So weit, so schlecht, dann darunter, zu unserer größten quieckenden Überraschung, gezeichnet von taz-Frauen – wir holen Euch runter. Erschrocken sahen wir an uns herab. Moment mal. Da sind die zwei Möpse, weiter unten das andere da, qualifiziert uns das nicht als ... Gehören wir nicht mehr dazu? Müssen wir uns nach einem anderen Geschlecht umsehen? Nee. Ist eigentlich ganz schön auf dieser Seite, aber wie kam's dann, das wir so gar nicht konsultiert worden waren, in unserer Eigenschaft als taz-Frauen? Muß wohl damit zusammenhängen, daß man in dem Wadenbeißer-Reflex, den die Fotos unter der „Titanic“-Werbung für Hildegard Hamm- Brücher ausgelöst hatten, für so umständlichen demokratischen Firlefanz keine Zeit und Muße mehr hatte. Es waren zwei Brüste, ein Busen, gewesen auf dem Foto, die alle gleichermaßen für die Kandidatin sprechen sollten: zwei gute Gründe, Hamm-Brücher zu wählen, hatte es charmant geheißen, und wer sich die Mühe machen wollte, ein Sekündchen über die Sache nachzudenken, hätte sofort auf die politisch diskutable, aber ansonsten geschlechtspolitisch völlig korrekte Behauptung treffen können, daß es ja wohl ein bißchen ulkig ist, jemanden aus primär biologischen Gründen zur Bundespräsidentin zu machen.

Währenddessen wundert sich Ihre treue Kurzmelderin doch umgekehrt, was in Hergotts Namen der kapitale Schwengel nun genau bedeuten sollte. Soll sagen, ihr seid zwar eigentlich impotent, aber wenn ihr der Hamm-Brücher ihre seht (Kolleginnen, ich

kann Euch flüstern: es waren gar nicht Hamm-Brücher ihre) dann steht er euch? Oder: Männer lesen Zeitung, um eine klasse Wichsvorlage zu haben, auch die taz-Leser? Und was hieß „heute nicht“? Wir finden's aber klasse, daß ihr es noch geschafft habt, einen Fotonachweis unter den Schwanz zu kaprizieren. Was wir aber viel, viel lieber wissen möchten: Wer ist der Typ? Adresse, Telefonnummer und so weiter, aber pronto! Und mehr davon!

Wer von Euch Wolf Biermann trifft, richte ihm doch bitte aus, daß wir hier nicht in Konschtanz sind, wo man auf seinen angestammten Platz zurückkann wie jüngst unser Kaiser Wilhelm, den wir im übrigen, Konstanzer!, entgegen anderslautenden Gerüchte gar nicht so dringend wiederhaben wollen. Während aber Wilhelm sein Podest leer blieb über die sozialdemokratischen Jahre, ist Biermanns Wohnung, wie das nun einmal mit Berliner Wohnungen so ist, vermietet, und zwar an diesen PDS-Sprecher. Natürlich sollten diese Leute, ginge es nach dem Friedensclown, vom Volke im Morgengrauen an die Laternen geknüpft werden. Aber um diesen Herrn Harnisch wär es zu und zu schade, weil er nämlich, um beim Thema zu bleiben, ein un-glaub-lich schöner Mann ist, was viele von uns eben nicht von sich sagen können, und mit solchen verfährt man anders: Man schmeißt sie nicht aus der Wohnung hinaus, sondern zieht viel mehr, haste- nicht-gesehen, dort mit hinein, verstehen Sie, Biermann, und wenn Sie's nicht so haben mit den Burschen, dann melden Sie sich bei Ihrer lieben Kurzmelderin, die wird dann auch nie wieder was Häßliches über sie ablassen.

Der kubanische Schriftsteller Norberto Fuentes will erneut versuchen, aus Kuba auszureisen, diesmal jedoch auf legalem Wege. In einem Gespräch sagte Fuentes am Dienstag, es gebe keinen juristischen Zwang, in Kuba zu bleiben. Er sei kein Geheimnisträger und werde deshalb sein Recht geltend machen, „ein normales Leben zu führen, zu reisen, Bücher zu veröffentlichen“. Bei seinem Fluchtversuch am 10. Oktober habe er „kein Glück“ gehabt. Der Schriftsteller hatte versucht, mit einem Schlauchboot in die Vereinigten Staaten zu kommen. Der Motor fiel aus. Bei dem Versuch, zurückzurudern, wurde er von der kubanischen Küstenwache abgefangen und kurzfristig inhaftiert. Sein Fluchtversuch habe keine politischen Gründe. Fuentes ist im Ausland durch sein Buch über das Leben des amerikanischen Schriftstellers Ernest Hemingway bekannt geworden. Er war eng mit Oberst Antonio de la Guardia befreundet, einem der vier hochrangigen Offiziere, die wegen Verwicklung in den Drogenhandel 1989 zum Tode verurteilt und erschossen wurden. Derzeit arbeitet der Schriftsteller an einem Roman „über das Leben eines Revolutionärs auf Kuba“ mit dem Titel „Todos mis amigos mueren“ (All meine Freunde sterben).