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New York wieder in weißer Hand

Der neue Bürgermeister Rudolph Giuliani beendet die Ära der „Rainbow Coalitions“ / Das gute Abschneiden der Republikaner ist eine Niederlage für US-Präsident Clinton  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Es war ein Déjà-vu-Erlebnis – mit anderem Ausgang. Wie vor vier Jahren mußten die beiden Kontrahenten bis kurz vor Mitternacht vor dem Fernseher und am Telefon auf ein vorläufiges Endergebnis warten. Wie vor vier Jahren hatte in der Schlußphase der Auszählung der Stimmen mal der eine, mal der andere die Nase vorn. Nur hieß dieses Mal der Sieger Rudolph Giuliani, der Verlierer David Dinkins. Mußte ersterer vor vier Jahren seine enttäuschten und wütenden AnhängerInnen mit einem lautstarken „Haltet endlich das Maul“ vor laufenden Kameras zu Ordnung rufen, streckte er dieses Mal, wie es sich für einen Wahlsieger gehört, die Hand in Richtung Dinkins zur Versöhnung aus.

903.114 Stimmen wurden für den weißen Ex-Staatsanwalt, 858.868 für den schwarzen Amtsinhaber gezählt – ein Wahlergebnis, das den Begriff des „Mehrheitsvotums“ etwas relativiert, zumal von 3,3 Millionen registrierten WählerInnen über 1,5 Millionen zu Hause blieben.

Mit der Niederlage Dinkins', des ersten afroamerikanischen Bürgermeisters der Stadt, ist wie schon zuvor in Städten wie Los Angeles oder Chicago die Ära der „Rainbow Coalitions“, der „Regenbogen-Koalitionen“ zwischen ethnischen Minderheiten, Gewerkschaften, Frauen- und Bürgerrechtsgruppen sowie weißen Liberalen, zu Ende gegangen. Zu Ende gegangen ist – zumindest vorläufig – auch die Epoche des allmächtigen Apparats und Parteienfilzes der Demokraten in New York City: Zum ersten Mal seit 1965 wird ein Republikaner die Stadt regieren. Ein Resultat, das nicht nur den demokratischen Strategen zu denken geben wird, sondern auch Präsident Clinton, der David Dinkins mehrfach durch Wahlauftritte zu unterstützen versuchte.

Einen Steinwurf von New York entfernt, auf der anderen Seite des Hudson-River, mußte Bill Clintons Partei die zweite Niederlage einstecken. Der amtierende Gouverneur des Bundesstaates New Jersey, Jim Florio, verlor, wenn auch knapp, gegen seine republikanische Herausforderin Christine Todd Whitman. Dieser Wahlkampf war landesweit mit Spannung verfolgt worden, weil er sich zum einen um die klassischen Reizthemen „Steuern“, „Kriminalität“ und „Waffenbesitz“ drehte, zum anderen einige Klischees über das Wahlverhalten der Geschlechter durcheinanderwirbelte. Todd Whitmann konnte sich zwar trotz ihres konservativen wirtschaftspolitischen Programms der Unterstützung von Frauengruppen versichern, doch nach ersten Wahlanalysen stimmten die Wählerinnen in New Jersey mehrheitlich für Florio – unter anderem, weil dieser ein schärferes Vorgehen gegen die Waffenlobby und striktere Gesetze zur Kontrolle von Waffenbesitz propagierte. Was dem Demokraten am Ende vermutlich zum Verhängnis wurde, waren die Steuererhöhungen, die er vor drei Jahren durchsetzte. Todd Whitmans Wahlversprechen, innerhalb der nächsten drei Jahre die Einkommensteuer um 30 Prozent zu senken, machte den Vorsprung wett, den Florio in den letzten Wochen in Meinungsumfragen hatte.

Bereits am frühen Abend knallten die Korken bei der „Republikanischen Partei“ im US-Bundesstaat Virginia. Mit einem Wahlkampf für mehr Law and order und gegen das Recht auf Abtreibung erzielte der Republikaner George Allen mit 58 Prozent der Stimmen einen klaren Erfolg gegen die farblos wirkende Kandidatin der Demokraten, Mary Sue Terry, die mit 41 Prozent weit abgeschlagen auf Platz zwei landete. Terry war laut Meinungsumfragen mit großem Vorsprung in dieses Rennen um die Nachfolge des demokratischen Gouverneurs Douglas Wilder gegangen.

Kopfzerbrechen dürfte Demokraten und Bürgerrechtsgruppen auch bereiten, daß der republikanische Kandidat für das Amt des Vizegouverneurs, Michael Farris, zwar gegen den Demokraten Don Beyer verlor, doch mit 46 Prozent der Stimmen ein überraschend gutes Ergebnis erzielte. Farris ist ein politischer Zögling der christlichen Rechten, der seine neun Kinder zu Hause unterrichtet, staatliche Schulen für eine „gottlose Monstrosität“ und Schwangerschaftsabbrüche für Mord hält. Entgegen der Erwartungen der Demokraten schadete dieser extreme Rechtsruck der „Republikanischen Partei“ keineswegs. Im Gegenteil: Farris rückte offensichtlich Allens Positionen in den „Mainstream“.

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