Kein Referendum für den Frieden

■ Geringe Beteiligung der PalästinenserInnen bei den Kommunalwahlen in Jerusalem / Die Arbeitspartei hatte Teddy Kollek zur Kandidatur gedrängt / Die Opposition konnte sich behaupten

Die Niederlage der israelischen Arbeitspartei bei den Kommunalwahlen überschattet den Friedensprozeß im Nahen Osten. „Ich kann die politischen Auswirkungen nicht ignorieren“, räumte Ministerpräsident Jitzhak Rabin am Dienstag abend ein. Dabei waren es gerade die führenden Politiker der regierenden Arbeitspartei gewesen, die den langjährigen Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek, zu einer neuerlichen Kandidatur gedrängt hatten. Es war jedoch allgemein bekannt, daß Kollek im Falle eines Wahlsieges bald gezwungen gewesen wäre, sein Amt einem Nachfolger zu überlassen, den dann der neue Stadtrat hätte bestimmen müssen. Vermutlich wäre auch dann ein Vertreter der konservativ-rechtsreligiösen Parteien Bürgermeister geworden. Das war vielleicht auch einer der Gründe für die relativ geringe Wahlbeteiligung in Jerusalem.

In diesem größten Wahlbezirk Israels sind nahezu 380.000 BürgerInnen bei Kommunalwahlen stimmberechtigt, darunter wegen des auch ungefähr 90.000 PalästinenserInnen. Kollek hatte auf eine möglichst starke Wahlbeteiligung der arabischen Bevölkerung gehofft. Doch aus politischen Gründen hat die palästinensische Bevölkerung des annektierten Ostjerusalem nur sehr spärlichen Gebrauch von ihrem Wahlrecht gemacht. Zu Kolleks Enttäuschung nahmen nur ungefähr sechs bis sieben Prozent der wahlberechtigten PalästinenserInnen an den Wahlen teil. Gerade die, die sich für den Friedensprozeß engagieren, möchten alles vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, daß sie sich in Israel eingliedern wollen.

Während die Jerusalemer Wahlen von großer politischer Bedeutung sind, haben die Kommunalwahlen in anderen Teilen Israels eine eher lokale Bedeutung. Tel Aviv wählte mit Roni Milo einen Likud-Mann zum Bürgermeister. Dem „Zeitgeist“ entsprechend hatte er sich ein gemäßigteres „zentristisches“ Image zugelegt und sich bei der Abstimmung über das Abkommen mit der PLO der Stimme enthalten.

Obwohl die Arbeitspartei jetzt seit mehr als 15 Monate an der Macht ist, haben die Kommunalwahlen gezeigt, daß die rechten Oppositionsparteien sich weiter behaupten und sogar einige zusätzliche Stadträte erobern konnten. Es wäre jedoch falsch, daraus einen Schluß auf die Einstellung der Bevölkerung zum Friedensprozeß zu ziehen. Diese Vereinfachung entspricht nicht der Wirklichkeit: Es handelt sich bei den Kommunalwahlen keineswegs um ein Referendum für oder gegen die Abkommen von Oslo, obgleich Rabin und Likud-Chef Netanjahu versucht haben, diesen Eindruck zu erwecken. Amos Wollin, Tel Aviv