Das Ende der Ära Kollek in Jerusalem

■ Bürgermeister nach 28 Jahren abgewählt

Tel Aviv (taz) – Teddy Kollek ist als Bürgermeister von Jerusalem nicht wiedergewählt worden. Nach 28 Jahren Amtszeit verlor der 83jährige gegen seinen Gegenkandidaten von der rechtsgerichteten Likud-Partei. Mit seiner Parole „Die Juden haben das Recht, sich überall in Jerusalem niederzulassen“, erzielte der Rechtsanwalt und ehemalige Likudminister Ehud Olmert fast 60 Prozent der Stimmen. Kollek, der sich im Wahlkampf dagegen ausgesprochen hatte, jüdische Siedlungen im arabischen Ostteil der Stadt zu errichten, kam nur auf 35 Prozent. Mitentscheidend für die Niederlage des Friedenspreisträgers des deutschen Buchhandels, der 1911 in Wien geboren wurde, war die äußerst geringe Beteiligung der wahlberechtigten arabischen Bevölkerung (6,9 Prozent). Sie boykottiert traditionell die Wahlen im annektierten Ostteil Jerusalems. Die meisten palästinensischen Führer hatten in Flugblättern und Interviews aus Protest gegen Annexion und jüdische Besiedlung aufgerufen, nicht zur Wahl zu gehen.

Konsequent kommentierten palästinensische Persönlichkeiten, die im Friedensprozeß eine Rolle spielen, wie Professor Saeb Erakat und Ziad Abu Ziyad, das Ergebnis auch als „israelische Angelegenheit“.

Ministerpräsident Jitzhak Rabin von der Arbeitspartei dagegen räumte ein, die Niederlage seines Parteifreundes sei ein schwerer Schlag für die Regierung – gerade wegen der Bedeutung der geeint-gespaltenen Hauptstadt. Auch Likudführer Benjamin Netanjahu betonte aus seiner Sicht, Ehud Olmerts Wahlsieg sei von nationaler Bedeutung, gerade weil die Führung der regierenden Arbeitspartei sich besonders in Kolleks Wahlkampf engagiert habe. Entscheidend für Kolleks Niederlage war es aber vor allem, daß es Olmert in letzter Minute gelungen war, mit den Führern der in Jerusalem besonders einflußreichen ultraorthodox-religiösen „Agudat Israel“-Partei ein Abkommen zu schließen: Sie zogen ihren Kandidaten zurück und gaben eine Wahlempfehlung für den Likud-Mann ab. Dafür sollen sie jetzt mit dem Amt für Stadtplanung sowie finanzieller Unterstützung für ihr privates Schulwesen belohnt werden. Amos Wollin Seite 8, Kommentar Seite 10