■ Urdrüs wahre Kolumne
: Kinderleichen für den ADAC

Urdrüs wahre Kolumne

Kinderleichen für den ADAC!

Oberstaatsanwalt Schorsch von Bock und Polach schnuppert seit Tagen an ungewaschenen Pullovern und verschwitzten Schuhen, um zu riechen, wo der Gerold Janssen steckt — früher nahm man für sowas noch den Polizeihund Hasso. Das mit Ökofarbe bekleckerte Outfit wurde jenen StraßenkünstlerInnen abgenommen, die auf dem blauen Strich der Sympathie für die Uni-Wildnis das schöne Wort Senatosiemens aus dem literarischen Merz-Baukasten auf Innenstadtpflaster pinselten. Der nächste Regen wird die Sachbeschädigung wahrscheinlich schon wegspülen - ob aber Schorsch dann auch als Waschmamsell tätig wird und die beschlagnahmte Garderobe in den schmuseweichen Schonwaschgang gibt?

Auf der Skala der nach oben offenen Dreistigkeit bewegt sich einmal mehr der ADAC als Gesamtverband automobilisierender Arschlöcher. Klagt der Club jetzt doch mittels eines seiner rasanten Mitglieder gegen Tempo 1OO zwischen Bremer Kreuz und Brinkum, obwohl dieser Abschnitt längst als Unfallschwerpunkt erkannt ist. Die nächste durch ADAC-Mitglieder produzierte Kinderleiche sollte man in der Tat ausgestopft und konserviert als Kunst am Bau im Hauptquartier Bennigsenstraße aufstellen. Mit vielen vielen Blinkis...

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Noch trennen uns 2.247 Tage vom Jahr 2OOO und schon herrscht Endzeitstimmung in den Straßen dieser Stadt. Drückt mir doch heute morgen am Brill eine junge Dame den Werbezettel einer hiesigen Jungmädchen-Boutique in die Hand: „Wer jetzt nicht zugreift, hat verloren“, steht da schlicht über den Anpreisungen von Leggins, Sweatshirts und Swingern — was immer das alles sein mag. Dieser Begriff von Verlorenheit ist es vermutlich, der uns verlieren läßt.

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Zu den Kammerwahlen hat die DAG auch einige Gedanken zur Kulturarbeit entwickelt: „Gründung betrieblicher Kabarettgruppen,denn: Satire darf alles, auch den Chef auf die Schippe nehmen...Anknüpfend an die Arbeiterkultur am Anfang dieses Jahrhunderts, könnten Gruppen angeregt und begleitet werden, die ihre Forderungen in Sprechchören an die Unternehmer, Politiker, aber auch an ihre Kammer, unüberhörbar richten. Das wäre mal Arbeitnehmerkultur...“ Auf dem Weg nach Bitterfeld?

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Wissense was ein Buch ist? Die Geschäftskundenberatung des Bremer Hauptpostamts faßt das Wesen aller Literatur in der Erläuterung ihrer Versandvorschriften so zusammen: „Die hauptsächlichen Merkmale sind die Beschaffenheit der Blätter aus Papier / die Herstellung in einem zulässigen Druckverfahren / feste seitliche Bindung / ein Einband oder Umschlag.“ So findet ausschweifende Literaturkritik endlich mal ihre materialistisch definierten Grenzen!

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Tief erschüttert zeigen sich Steini, Tanja, Gabi, Jörg und andere MitbürgerInnen aus Weyhe in einer Traueranzeige über den Tod ihres Mushroam-Fanclub Bremen: „So manchen internen Sturm hat er überlebt, scheint jedoch von Teilen der Gruppe nicht mehr erwünscht. (Oder ist er nie erwünscht gewesen?)“ So ist das, wenn Fans zu sehr lieben. Ulrich Reineking-Drügemöller