Steuermindernd sind Kondome und Dessous

■ Broschüre für Frauen, die anschaffen gehen

“Steuermindernd können berufsbedingte Kosten (Mieten, Annoncen, Dessous und andere Arbeitskleidung, Kondome, Taxifahrten, Kosmetik etc.) abgesetzt werden.“ Dieser Tip kann für alle Frauen die anschaffen gehen, durchaus nützlich sein. Denn obgleich Prostitution als Beruf nicht anerkannt ist, müssen Huren Steuern zahlen. Und weil die Frauen von Nitribitt, Treffpunkt und Beratung für Prostituierte, sich dafür einsetzten, daß Prostitution den Status eines Berufs haben soll, gaben sie ihrer Broschüre den Titel: „Was Sie für ihren Beruf wissen sollten“.

Gemeinsam mit der Beratungsstelle für sexuell übertragbare Erkrankungen und der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichbereichtigung der Frau ist die 36-seitige Broschüre im letzten halben Jahr erarbeitet worden. Die Nitribitt-Frauen blicken zwar stolz auf ihr Werk, doch ihre eigene Zukunft liegt noch im Nebel. „Wir haben lediglich eine mündliche Zusage, daß wir 2 Stellen bis Ende des Jahres finanziert bekommen“, sagte gestern Monika Heitmann von Nitribitt. Die Stellen laufen über ABM, die laufenden Kosten wie Miete, und Telefon übernimmt die Sozialsenatorin. Letztere schreibt im Vorwort zu der Broschüre, daß es eine Notwendigkeit sei „alle Frauen darin zu unterstützen, daß sie ein sozial integriertes Leben führen können. Auf der gegenüberliegenden Seite der Broschüre wendet sich Sabine Uhl, Senatorin für Arbeit und Frauen, an die Prostituierten. Sie lenkt den Blick vor allem auf Tips für die Frauen, die aussteigen wollen. Diese Frauen brauchen oft eine Begleitung, Hilfe, Beratung. „Eine richtige Ausstiegsberatung kann sehr intensiv sein. Schulden, Zuhälter, Wohnung, all das muß geregelt werden. Mitunter zieht sich das über ein ganzes jahr hin“, schildert Heitmann. Falls Nitribitt in wenigen Wochen ihre Arbeit gezwungenermaßen einstellen müßte, stünde manche Frau wieder allein.

Alle Frauen, die in Bremen anschaffen gehen, haben was von Nitribitt gehört, da sind die MitarbeiterInnen sicher. Zur Zeit arbeiten schätzungsweise 1.000 Frauen professionell als Prostituierte, dazu kommen noch die Frauen von Drogenstrich und einige minderjährige Prostituierte vom Bahnhof. „Die reagieren einfach auf Angebote“, sagt Heitmann. Einen großen Teil der Prosituierten erreichen die Nitribitt- MitarbeiterInnen auf der Straße. Dort treffen sie ebenfalls die vielen Frauen aus den osteuropäischen Ländern.

Gemeinsam mit der STD klären sie auch die Frauen aus den osteuropäischen Ländern über Gesundheitsrisiken auf. Die STD informiert im zweiten Teil der Broschüre über „Gesundheitstips für Prostiuierte“. Die Spannbreite der Tips reicht von dem Hinweis das Immunsystem mit Sport und Vollwerternährung zu stärken bis hin zu „Sex auf Nummer sicher“. Zum Beispiel: „Vibratoren — Sex Toys. solange sie nur von einem Partner benutzt werden, sind sie risikolos. Ein Austausch ohne vorherige Desinfektion ist zu vermeiden.“

Nitribitt bietet neben der Beratung und Vermittlung zu „korrekten Mitarbeiterinnen beim Sozialamt“ auch eine kostenlose Rechtsberatung an, Tips und Infos für Anfängerinnen, Profifrauen und Gelegenheitshuren. Mit ihrem Anliegen, „daß sich die moralische Bewertung des Berufs durch die Gesellschaft ändert“ haben sie in Bremen bei den Ämtern schon kleine Erfolge. Die SachbearbeiterInnen beim Sozialamt seien fairer als früher. Vivianne Agena