Socken im BH

Die Drag-Queen Kaspar Kameleon über das Styling einer Frau. Ein androgyner Antagonismus  ■ Von Petra Brändle

Ein Pusher-Bra, das ist die Lösung! Der wattierte BH macht kleine Mädchenbrüste üppig. Eine wirklich wertvolle Hilfe, meint auch Kaspar Kameleon: „Es ist ja nicht nur für Männer ein Problem, daß sie kleine Brüste haben, sondern auch für manche Frauen.“ Doch ein wirklich schwerwiegendes Problem sind die Brüste für die Drag-Queen Kaspar Kameleon nicht. Drag-Queen, das ist die englische Bezeichnung für Männer, die mit Kleidern das Geschlecht wechseln. Soll die Busenattrappe zur Abwechslung gewichtigere Dimensionen haben, stopft Kaspar einfach Socken und Schulterpolster in die Schalen. So korrigiert er sekundäre Geschlechtsmerkmale. Mit den primären dagegen ist es etwas diffiziler: Der kleine Unterschied läßt sich in Negligés kaum verbergen – vor allem, wenn diese leicht durchsichtig und enganliegend sind.

Kaspars Garderobe ist glamourös, schrill, bunt und verwegen. Die Diva trägt enge Glitzerfummel, oft Durchsichtiges, immer Körperbetontes. Ein Lieblingsstück ist das Kleid aus durchsichtigem Duschvorhang mit rosa Plüschbesatz. Manchmal aber wird die Queen zur Göre mit Zöpfen auf hohen Plateausohlen oder zum Teufel im knappen Body. Diese Queen ist, wie der Name schon sagt, ein Chamäleon.

Wo aber findet eine Drag- Queen die den anatomischen Unterschieden gerecht werdende Ausstattung? Kaspars Suche nach extravaganten Kostümen, Accessoires und Schuhen vom Stöckel bis zur Plateausohle beginnt mit einem langen Streifzug durch Secondhandshops; nur spitzbrüstig zugeschnittene Kleider passen nicht so recht. Besonders ausgefallene Kreationen stammen allerdings von einer befreundeten Designerin. Sie entwarf die Duschvorhangkreation, aber auch ein helles Schlauchkleid aus Damenstrümpfen. Dazu gehört ein Swingerchen aus buntem Häkelpatchwork – Kaspars Eigenleistung.

Auch die Schuhe machen wenig Probleme: Größe 41 paßt, genügend Auswahl also. Anfangs freilich war der schwebende Gang auf High Heels schwierig – abgesehen von der Hemmschwelle, mit dem dazu passenden Mini aus dem Haus zu gehen. Nach zehn Jahren schert sich die Queen heute nicht mehr um schiefe Blicke. Seitdem Plateauschuhe angesagt sind, ist es auch mit dem Wackelgang vorbei.

Mehr Arbeit macht das Finis. Drei Stunden dauert es, bis Kaspar von der Frau in sich überzeugt ist. Die Brustbehaarung, die den Blick aufs aufregende Dekolleté trüben könnte, muß weg. Der Bart hingegen bleibt auch mal stehen. Spielerisch verbindet Kaspar androgyne Antagonismen. Danach: ein aufwendiges Make-up, sorgfältige Maniküre. Schließlich die Frisur: Mal paßt eine langhaarige blonde Perücke, mal eine schwarzhaarige, mal freche Zöpfchen oder eine Glatze. Kaspar Kameleon hat viele Gesichter, aber immer zwei Geschlechter. „Prozentual gesehen bin und bleibe ich zwar ein Mann, aber ich will auch meine weibliche Seite ausleben. Außerdem sind Frauenkleider einfach so sexy auf der Haut.“

Wer mehr über Kaspar Kameleon wissen will: „Social Butterfly“, ein Video über Kaspar Kameleon, läuft am Samstag um 24 Uhr im Eiszeit-Kino. Jeden Donnerstag ab 1 Uhr ist er außerdem live in „Kaspar's Kamp“ zu sehen.