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: Körperverletzung

„Deutschland unter Waffen“, Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD

Zugegeben, ich habe schlechte Laune – eine Wurzelbehandlung steckt man nicht so weg. Aber was einem dann auf dem Mittwoch-Dokutermin der ARD geboten wird, ist schlechter als erwartet. Es beginnt mit diesen Sätzen: „Immer mehr Deutsche...“ Das ist diese Masche, mit der beim Stern aus jedem Mist irgendein Trend gefleddert wird. Es folgen ein paar Zahlen (20–30 Millionen Waffen in Deutschland), dann ein knackiges Beispiel für Waffenmißbrauch, und schon sind wir mittendrin. Aber, genau wodrin?

Raimund Kusserow bietet mit „Deutschland unter Waffen“ durchaus gute Unterhaltung. Waffenhändler breiten ihr Arsenal aus. Mehr oder weniger absurde Kommentatoren sprechen in die Kamera. Das musikalische Leitmotiv erklingt immer wieder; optische Tricks, in diesem Fall Schwarzweißaufnahmen, bieten auch dem Auge etwas. Nur das Zwingende des Themas geht unter der miefigen Käseglocke abgegriffener telegener Formensprache mehr als verloren.

Man kann sich bildlich vorstellen, wie Fernsehredakteure bei dieser (bl)öden Rumclipperei, diesen elektronischen Kästen, die jetzt nach Jahren Verzögerung im öffentlichen Dummfunk geschätzt werden, ihren Orgasmus bekommen. Weil sie meinen, das sei „gut gemacht“. Der einzige Sinn dieser formalen Spielereien ist doch der, daß man als Zuschauer vergessen soll, was zum Beispiel dieser Ausflug nach Amerika eigentlich sollte. US- Verhältnisse sind in Deutschland trotz allem nicht absehbar. Füllmaterial also: Wenn einer eine Reise tut... Statt eine konsistente These zu entwickeln, ergeht sich der Film in diffusen Spekulationen, die in Form großkalibriger Alliterationen auf den Zuschauer abgefeuert werden: „Rentner und Rambos im Waffenrausch“. Kurze Zeit vorher hieß es noch, daß dieser Rentner auf dem Postamt „statistisch gesehen weniger gefährdet ist als der Jugendliche in der Disco“. Rhetorische Bluffs statt Analyse. Der Film selbst ist die Körperverletzung, über die er zu berichten vermeint.

Leute, nehmt Euch ein Beispiel am Fußballer Edgar Schmitt: Der denkt vom Aufstehen bis zum Schlafengehn ans Toreschießen. Und genau das tut er dann auch. Bei Raimund Kusserow hatte ich nicht den Eindruck, er denke den ganzen Tag ans Filmemachen. Manfred Riepe