Minister Schmidbauer dringend erwünscht

■ Alle „Mykonos“-Prozeßbeteiligten wollen ihn möglichst bald vernehmen

Berlin (taz) – Seltene Einmütigkeit herrschte gestern im „Mykonos“-Prozeß zwischen den Vertretern der Anklage, der Nebenklage als auch der Verteidigung. Sowohl Bundesanwalt Hans-Joachim Kurth als auch der Verteidiger Kazem Darabis, Detlef Kolloge, und der Nebenklagevertreter Axel Jeschke schlossen sich einem Antrag des Anwaltes Wolfgang Wieland an, den Staatsminister im Bundeskanzleramt, Bernd Schmidbauer, als ersten Zeugen im Verfahren zu hören.

Wieland begründete namens der Nebenklage diesen Antrag mit dem vermeintlichen Deal zwischen Schmidtbauer und dem iranischen Geheimdienstminister Ali Fallahian, wonach dieser die Freilassung von vier im Iran inhaftierten Deutschen angeboten habe und im Gegenzug eine Verschiebung des Prozesses wegen der Ermordung von vier kurdischen Oppositionellen aus dem Iran erwirken wollte. Dieser Handel, so Wieland, sei für die in der Anklage unterstellte Steuerung der Angeklagten durch den iranischen Geheimdienst von Bedeutung, anderenfalls wäre nicht einzusehen, daß Fallahian sich für den Prozeß interessiere. Schmidbauer habe, so assistierte Jeschke, bisher nicht hinreichend Aufschluß darüber gegeben, was bei dem Treffen besprochen worden sei. Es sei, so ergänzte Kurth, nicht ausgeschlossen, daß es um die Reichweite der Aussagegenehmigung Streit geben werde, die von der Bundesregierung erteilt werden muß. Das Gericht will in seiner nächsten Sitzung über den Antrag entscheiden.

Zuvor hatten die Angeklagten Gelegenheit, sich zu ihrer Person und zur Sache zu äußern. Der vermeintliche Drahtzieher des Attentates, Kazem Darabi, verweigerte ebenso die Aussage wie der vermeintliche Schütze Abbas Rhayel und der der Beihilfe angeklagte Atallah Ayad. Der Hauptbelastungszeuge, der gleichfalls der Tatbeteiligung angeklagte Youssef Amin, will die Aussage verweigern, bis ihm ein Anwalt seiner Wahl gestellt wird. Der der Beihilfe angeklagte Mohamad Atris redete zu seiner Biographie, verweigerte sich jedoch, als er genauere Angaben zu seiner Rolle im libanesischen Bürgerkrieg machen sollte. Dieter Rulff