Von der Arroganz der westlichen Hilfe

■ Nato-Tagung über Rüstungskonversion in Osteuropa

Bremen (taz) – Den „Dialog zwischen Parlamentariern aus den Bündnisländern der Nato und ihren Kollegen aus den jungen Demokratien Mittel- und Osteuropas“ zu fördern, das war das Hauptziel des Rose-Roth-Seminars der Nordatlantischen Versammlung, des Zusammenschlusses der Nato-Parlamentarier. Rüstungskonversion war das Thema der Bremer Versammlung, „training on the job“ für die Osteuropäer nannte das der Vorsitzende der deutschen Delegation der Vereinigung, der Hamburger CDU- Parlamentarier Klaus Francke.

Was die Tagung vor allem deutlich machte, war, wie traurig es um diesen „Dialog“ steht. Keiner der Osteuropäer war als Referent geladen, und so redeten die Westler auf der Versammlung an den Problemen ihrer osteuropäischen Gäste vollkommen vorbei. Denn Konversion gibt es nicht östlich der alten Bundesrepublik.

Nicht nur in der DDR wurde die Rüstungsproduktion schlicht eingestellt. Auch die Rüstungsschmieden der Slowakei wurden, wie der Abgeordnete Hrnko am Rande der Tagung erzählte, von einem Tag auf den anderen stillgelegt. Rüstungsbetriebe mit bis zu 100.000 Beschäftigten gab es in der Ukraine. An eine Nutzung des dort konzentrierten technologischen Potentials für zivil nützliche Produkte – und das heißt „Konversion“ – ist nicht zu denken.

Der Vorstandsvorsitzende der Bremer Atlas-Elektronik GmbH (AE), Professor Triebold, berichtete über die Schwierigkeiten der Konversion im Westen: Über lange Jahre, gestand er ein, habe auch sein Werk das Thema Konversion abgetan. Erst unter dem Druck ausbleibender Rüstungsaufträge habe man sich mit dieser Umstellung befaßt – und gleichzeitig festgestellt, wie schwierig sie zu bewerkstelligen ist. Teilweise ist die vorhandene Technologie nur auf Qualität abgestellt, nicht auf Kosteneffektivität. Die Kapazitäten für Entwicklung, nicht für Massenfertigung ausgelegt. Schließlich ist die Marketing-Abteilung ganz auf das Bundesamt für Wehrtechnik ausgerichtet, nicht auf die möglichen Käufer.

Im Zentrum des Interesses von AE steht daher weiterhin, von der Bundesregierung Planungssicherheit für ihre wehrtechnischen Projekte zu bekommen. Die Hoffnung richtet sich auf den großen Taiwan- Militärauftrag, der bisher an der Rücksichtnahme des Außenministeriums für China gescheitert ist. Selbst erfolgreiche Konversionsprojekte der AE, wie das Satelliten-Telefon oder Fahrzeug-Simulatoren, haben nur minimalen Anteil am Umsatz. Die Debatte um Konversion führt deshalb in den westlichen High-Tech-Betrieben immer schnell zur Forderung nach staatlicher Forschungsplanung – und damit zu einem Ersatz der bisherigen Programme durch andere, sei es dem Umweltschutz zuliebe. Das bedeutet: Der Weg aus der Rüstungsproduktion wird auch im Westen zu einem guten Teil durch Arbeitsplatzabbau vonstatten gehen – vielleicht über Jahre gestreckt und daher nicht so drastisch sichtbar wie im Osten.

Beim Bremer Treffen der Parlamentarier aus den Nato-Ländern ging es so immer wieder um die staatlichen Milliardenzuschüsse zur Konversion. Am Rande formulierten Teilnehmer die Hoffnung, die entstehenden Kontakte dazu zu nutzen, ihr Konversions- Know-how EG-finanziert im Osten anbieten zu können. Höflich, wie sie waren, verzichteten die osteuropäischen Gäste auf den Hinweis, daß diese Konversionshilfe in erster Linie in die Kassen der westlichen Firmen fließen würde. Ein bißchen würde sicherlich auch bis zu ihnen gelangen. So werden sie dankend annehmen und dabei so höflich lächeln wie während dieser zwei Tage im Bremer Rathaus. Klaus Wolschner