taz-Serie: Rot-Grün - (k)eine Perspektive für Hamburg?
: Hochschule: Hausaufgaben machen

■ Von Dr. Jürgen Lüthje, Präsident der Universität Hamburg

Im politischen Tauziehen um die Senatsbildung scheint die Hochschulpolitik keine entscheidende Rolle zu spielen. Dennoch wird der künftige Senat den ungelösten Problemen der Hochschulen, vor allem der Universität, nicht ausweichen können.

Im Vergleich zu den Hochschulen der alten Bundesländer sind die Hamburger Hochschulen personell, finanziell und räumlich schlechter ausgestattet. Auch gibt Hamburg gemessen an der Zahl der Studierenden für Lehre und Forschung deutlich weniger aus, und in keinem alten Bundesland gibt es so viele zulassungsbeschränkte Studiengänge und übersteigt die Studiennachfrage das Angebot so stark wie hier.

Erhaltung und Ausbau des Studienangebots, Verbesserung der Studienbedingungen und der Personalstruktur sowie Abbau der Raumnot sind darum von allen in der Bürgerschaft vertretenen Parteien als hochschulpolitische Ziele verkündet worden. Gerade bei den schlechten, finanziellen Rahmenbedingungen kann der Widerspruch zwischen diesen hochschulpolitischen Zielen und einer finanzpolitisch begründeten Fortsetzung der langjährigen Unterausstattung und Einsparungen nicht länger verdeckt werden.

Nachdem die Hochschulen in den zurückliegenden fünfzehn Jahren ohne Stellenzuwachs und Ausstattungsverbesserung eine um mehr als die Hältfte höhere Zahl von Studierenden ausgebildet haben, ist die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit längst überschritten. Wer nicht bereit ist, die Hochschulen endlich zum finanzpolitischen Prioritätsbereich zu erklären, muß politisch verantworten, daß der nachwachsenden Generation, von der wir die Bewältigung der Zukunftsaufgaben erwarten, die erforderlichen Qualifikationsmöglichkeiten verweigert werden.

Wer gleichzeitig kürzere Studienzeiten und eine Verbesserung von Lehre und Studium fordert, die Bedingungen aber durch Streichung von Stellen und Kürzung von Mitteln verschlechtert, betrügt sich selbst oder täuscht das Volk. Wenn der künftige Senat das Studienangebot in Hamburg zumindest erhalten, die Qualität des Studiums und der Lehre verbessern und dadurch kürzere Studienzeiten erreichen will, dann muß er auf Einsparungen im Hochschulbereich verzichten und statt dessen die schlechte Ausstattung der Universität wirksam verbessern. Gerade weil diesem notwendigen Bemühen in den nächsten Jahren enge Grenzen gesetzt sind, ist es wichtig, die inneren Optimierungsreserven der Hochschulen zu aktivieren. Das kann nur gelingen, wenn auch sie, wie die TU Harburg, erweiterte haushaltswirtschaftliche Entscheidungsmöglichkeiten erhalten.

Noch wichtiger ist aber die längst überfällige Aufhebung der Stellenbewirtschaftung. In den nächsten zehn Jahren ist mehr als die Hälfte der Professuren aus Altersgründen neu zu besetzen. Dabei wird vor allem die Universität Hamburg gegenüber anderen Universitäten nur dann konkurrenzfähig sein, wenn es mehr Nachwuchsstellen und Mittel für Forschung und Lehre gibt.

Schließlich muß die Raumnot vor allem der Universität, der Fachhochschule und der Hochschule für Wirtschaft und Politik beseitigt werden. Angesichts hoher Mieten und stark steigender Baupreise sind schnelle Neubaumaßnahmen auf den für den Hochschulbau verfügbaren Flächen selbt dann die wirtschaftlichste Lösung, wenn die Bundesfinanzierung noch nicht gesichert werden kann.

Fünfzehn Jahre lang sind die hochschulpolitischen Aufgaben und Probleme verdrängt worden. Der künftige Senat wird sich ihnen stellen müssen, ob er will oder nicht.