Wahre Halluzinationen Von Mathias Bröckers

Leute, die behaupten, in Kontakt mit Außeriridischen zu sein oder ein UFO gesehen zu haben, sind nicht weniger verrückt als solche, die derlei Kontakte für vollkommen verrückt halten. Dies jedenfalls ist das Ergebnis einer Studie, die an der Universität Ottawa durchgeführt wurde, um der wachsenden Faszination der close encounters in der populären Kultur auf die Spur zu kommen. Vier Versuchsgruppen wurden einer Serie von psychologischen Tests unterworfen und über ihren Glauben an Paranormales und UFOs befragt. Eine dieser Gruppen bestand aus „Kontaktlern“, die behaupten, von Außerirdischen entführt worden oder in telepathischem Kontakt mit ihnen zu sein; die Mitglieder der zweiten Versuchsgruppe hatten seltsame Flugobjekte nur beobachtet. Die beiden anderen Gruppen bestanden aus Personen, die noch nie ein solches Erlebnis hatten. Die Testergebnisse waren eindeutig, sie lieferten „keinerlei Unterstützung für die Hypothese, daß Leute, die über UFOs berichten, psychologisch gestört sind“. Darüber hinaus fanden die Psychologen auch keine signifikanten Unterschiede in der Imaginations- und Phantasiefähigkeit der vier Gruppen, nur in der stärkeren Neigung, an Wiedergeburt und Astrologie zu glauben, machte die Gruppe der UFO-Kontaktierten eine Ausnahme.

Wer also demnächst merkwürdigen Besuch von ETs oder Engeln erhält, muß keinen Dachschaden befürchten und Psychiater zu Rate ziehen – diese Dinge sind total normal, auch wenn es sich die kanadischen Psychologen mit ihrer Erklärung – daß es sich dabei nur um besonders intensiv wahrgenommene Traumbilder handelt – ein bißchen einfach machen. Denn interessant ist doch die Frage, warum ausgerechnet diese Halluzinationen, und nicht die unzähligen anderen, die aus dem menschlichen Hirnkastl zu sprudeln pflegen, als besonders „wahr“ empfunden werden. Und warum wir heute mit solchen „wahren Halluzinationen“ so wenig anfangen können, während es bis vor kurzem ganz selbstverständlich war, sich auf sie zu berufen. Ob in Religion oder Wissenschaft, von Moses bis Descartes kam keiner der großen Stifter ohne außerirdische „Eingebung“ aus, die wichtigsten Entdeckungen wurden nicht auf dem Pfad der Logik, sondern auf dem Somnamboulevard gemacht als wahre Halluzinationen.

In diesem Zwischenreich schweben auch die UFOs, wahr und echt und hart – und gleichzeitig immateriell und eingebildet. So wie die übernatürlichen Einflüsterer seit Menschengedenken. Daß es auch unter ihnen so'ne und so'ne gibt – gute und böse Feen; Engel und Teufel – wissen wir aus unseren, ebenfalls „wahren“, Märchen seit langem. Insofern erklärt sich auch, warum die UFOlogen unserer Tage manchmal nicht alle Untertassen im Schrank haben: Es wird halt auch reichlich halluzinativer Unfug durchgechannelt. Wie etwa auf dem 2. UFO-Weltkongreß am Wochenende in Budapest: Dort wurde für Februar 1994 die Landung von 1.217 Außerirdischen angekündigt, die mit einem „Beitrittsangebot“ der „Planetarischen Föderation“ zu uns kämen.

Mit höherer Intelligenz kann dieser föderierte Verein nicht gesegnet sein: Wie käme er sonst auf die Idee, einem Sauhaufen wie diesem freiwillig den Beitritt anzubieten?