Zapfte UB Plasma bewußt HIV-infiziertes Blut?

■ Neuer Vorwurf einer ehemaligen Mitarbeiterin / Koblenzer Oberstaatsanwalt Weise: UB Plasma verkaufte vermutlich doch infiziertes Transfusionsplasma

Koblenz (dpa/AP/AFP/taz) – Eine frühere Mitarbeiterin der Koblenzer Firma UB Plasma hat gestern neue Vorwürfe erhoben. In einer Sendung von Spiegel TV erklärte die Laborantin Birgit Zimonyi, daß auch ein HIV-positiv getesteter Spender von der Geschäftsleitung immer wieder als Spender akzeptiert worden sei. Da sich die Laborangestellten oftmals geweigert hätten, diesem Mann Blut abzunehmen, hatte dies der Laborarzt selbst getan.

Sie widersprach auch Äußerungen des Koblenzer leitenden Oberstaatsanwaltes Norbert Weise. Dieser hatte in der vergangenen Woche gesagt, die Zeugin habe ihre Aussage, daß die Firma bewußt HIV-infizierte Blutprodukte auf den Markt brachte, „teilweise eingeschränkt“. So habe das Gewerbeaufsichtsamt Koblenz der entsprechenden Aktennotiz die Bemerkung „nicht verkauft“ hinzugefügt. Dazu erklärte Zimonyi, sie wisse nicht, woher diese Notiz komme. „Meiner Meinung nach können die das gar nicht wissen, denn dazu braucht man entweder Spendernamen oder die Chargennummer, und danach hat mich nie einer gefragt.“

Weise schrieb in einem Brief an die Spiegel-TV-Redaktion, daß vermutlich doch ein Teil des Plasmas für Transfusionen verkauft worden sei. In der vergangenen Woche hatte es geheißen, es sei ausschließlich als Industrieplasma und für Laborzwecke verwendet worden. Der Vertrieb von HIV- positivem Industrieplasma sei überdies „kaum weniger gefährlich gewesen“, weil dieses Plasma bis Mitte der 80er Jahre vor der Weiterverarbeitung noch nicht gereinigt worden sei, so Weise.

Aus Industrieplasma werden werden beispielsweise Immunglobuline hergestellt. Zwar muß beim Ausgangsmaterial ein Test auf Hepatitis-B und HIV-Antikörper negativ ausfallen, es gibt aber laut Arzneimitteltelegramm, eine Ausnahmeregelung im Deutschen Arzneibuch. Danach kann auch Ausgangsmaterial verwendet werden, das nicht allen genannten Anforderungen entspricht „sofern nachgewiesen ist, daß das Fraktionierungsverfahren alle bekannten Erreger entfernt, welche die Gesundheit beeinträchtigen können“. Dies ist nach Ansicht des Arzneimitteltelegramms „eine Aufforderung zu Mauscheleien wie bei UB Plasma ...“. Seit einigen Jahren wird Plasma bei der Weiterverarbeitung inaktiviert, das heißt, möglicherweise vorhandene Viren wie auch das HIV-Virus werden beispielsweise durch Hitze abgetötet.

Nach Informationen des Hamburger Magazins Stern sind bei der Überprüfung der ersten 4.000 von insgesamt 20.000 Rückstellproben von UB Plasma HIV-haltige Plasmaspenden festgestellt worden.