Rushdie geißelt Kumpanei mit Irans Staatsterroristen

■ EG-Länder sollen Bonn auf Linie bringen

Bonn (taz) – Der eine muß sich mehr als vier Jahren vor iranischen Killerkommandos verstecken, der andere setzt sich mit dem Geheimdienstchef des Irans in Deutschland zu offiziellen Gesprächen zusammen. Für das Verhalten Bernd Schmidbauers, des Staatsministers im Kanzleramt, kann Salman Rushdie nur wenig Verständnis aufbringen. Der unter der Fatwa stehende Schrifsteller hat der Bundesregierung vorgeworfen, den iranischen Staatsterrorismus zu dulden. Für den „zur Zeit schlimmsten Terroristen der Welt“, den iranischen Geheimdienstchef Ali Fallahian, sei anläßlich seines offiziellen Besuchs in Bonn „der rote Teppich aufgerollt worden“, kritisierte Rushdie, der am Wochende am 5. Europäischen Literturtreffen in Straßburg teilnahm. Gestern wiederholte der Autor der „Satanischen Verse“ seine Vorwürfe und forderte die EG-Länder auf, „Deutschland beim nächsten Europa- Gipfel klarzumachen, daß Europa gemeinsam handelt.“

Zur Begründung seiner Anschuldigung verwies Rushdie auf eine im Dezember 1992 vom Bundestag verabschiedete Resolution über politische und wirtschaftliche Konsequenzen gegen den Iran im Fall von gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Nach dem Attentat gegen seinen norwegischen Verleger aber blieben die angedrohten Konsequenzen aus. Der norwegische Herausgeber der „Satanischen Verse“, William Nygaard, war am 11. Oktober durch drei Kugeln schwer verletzt worden.

Die Bundesregierung will zu den Vorwürfen Rushdies nicht Stellung nehmen. Das erklärte gestern ein Presseamtssprecher der taz auf Anfrage. Der „Gesamtsachverhalt“ sei in einer Erklärung Schmidbauers zum Besuch des Geheimdienstministers und in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) erschöpfend abgehandelt worden. Für das Auswärtige Amt wies Sprecherin Sabine Sparwasser gestern gegenüber der taz die Kritik Rushdies zurück. Genscher und Kinkel hätten die Fatwa stets verurteilt und in diesem Sinne auf die iranische Regierung eingewirkt.

Die offiziellen Verhandlungen mit dem Geheimdienstminister waren auch in Großbritannien und in den USA kritisiert worden. Die Einladung Fallahians, so schreibt die Washington Post, werde von Beobachtern in London und Washington als neuer Beweis für die Bereitschaft des wiedervereinigten Deutschlands angesehen, Außenpolitik im Alleingang zu betreiben. Mon