Konserven zu Schlagzeugs

■ Nach dem Bremer Konzert: Rapper und Bläser der Jazz/HipHop-Gruppe „US 3“ über den neuesten Freilandversuch in Sachen Crossover

Tukka Yoot und Ed Jones: Lieber Livegtrommel als clevere SamplesFoto: Tristan Vankann

Darauf kann man sich einigen: Zum gemäßigten Groove von „Cantaloop“, dem radiophilen Herbie-Hancock-Verschnitt des britischen Studioprojekts „US 3“, schunkeln junge B-Boys und gesetzte Jazzdaddys im gleichen Takt — so war es auch beim Konzert im „Modernes“. Neben den Gurus von „Jazzmatazz“ (die am 17.11. ins „Modernes“ kommen) zählen „US 3“ zu den populärsten Vetretern des neuen Jazz/HipHop-Crossovers. Vom Jazz aber blieben beim Konzert allein die beherzten Bläsersoli übrig; die Rhythmusgruppe

hierhin bitte

das Foto von den

zwei Männern

vor Poster

(inkl. Piano) fügte sich ganz dem mechanischen HipHop- Beat. Rapper Tukka Yoot und Saxofonist Ed Jones erläuterten vor dem Auftritt die Vor- und Nachteile des neuerlichen Kreuzungsversuchs.

taz: Zur Zeit wird ja gern dieses Max-Roach-Zitat herumgereicht: „HipHop ist eine neue Art von Bebop“ — was ist damit eigentlich gemeint? Gibt es da wirklich eine Verwandtschaft?

Ed Jones: Max Roach hat damit wohl gemeint: Bebop ist eine Musik der Straße, die in den Staaten als Reaktion auf den Swing entstand, und HipHop be

gann ebenfalls auf den Straßen. Aber es gibt auch rhythmische Ähnlichkeiten. Zum Beispiel die Art, wie Rapper mit polyrhythmischen Beats umgehen — das ist ganz ähnlich bei Jazzmusikern der Bebop-Ära, die sehr viel experimentierten, um die gängigen Beats herumzudrehen. Also, ich würde Max Roach da zustimmen.

Nun gab es ja eine ganze Reihe von Crossover-Versuchen: HipHop mit Hardrock, HipHop mit Reggae und vieles mehr. Welche neue Qualität entsteht denn bei der Fusion von HipHop und Jazz?

Ich glaube, bei diesem besonderen Projekt ist es der Reiz, wirklich Fifty/Fifty zu machen, gerade bei der Live-Präsentation. Wir spielen nicht die ganze Zeit einen Jazzbeat, sondern brechen ihn mit einem HipHop-Beat auf, fangen dann wieder zu swingen an undsoweiter. Für mich als Musiker bedeutet das mehr Freiheit. Über Funkrhythmen zum Beispiel kann ich längst nicht so viel improvisieren; aber in den HipHop-Groove kann ich einfach mehr Jazz hineinlegen. Funk steht ja dem Rhythm'n'Blues viel näher, aber zwischen HipHop und Jazz ist es wie eine natürliche Fusion.

Und wie sieht es bei den Lyrics aus? Schreibt man andere Texte, wenn man über Jazzharmonien rappt?

Tukka Yoot: Eine Menge Leute besitzen da eine falsche Vorstellung. Sie meinen, man müßte jetzt über das Thema Jazz rappen. Einige Gruppen haben das schon gemacht, wie z.B. Guru. Aber unsere Lyrics basieren auf dem, was wir im täglichen Leben sehen. Und es gibt natürlich Lyrics, in denen nur um Fun geht.

Ed Jones: Im Jazzrap gibt es sehr oft dieses „Namechecking“; da wird aufgezählt, welche Berühmtheiten es alles gab und welche historischen Ereignisse, es geht um dies und das — aber wir reden nicht über Jazz, sondern spielen Jazz; bei uns werden Jazzmusiker nicht beschrieben, sondern gefeatured.

In Eurem Repertoire verwendet ihr vorwiegend klassisches, melodiöses Blue-Note-Material. Könnt ihr Euch vorstellen, auch zeitgenössische Jazzlicks mit HipHop-Beats zu kreuzen?

Ed Johnson: Ja sicher, wir haben ja Zugang zu dem gesamten Blue-Note-Backkatalog. Für das erste Album haben sich die Produzenten entschlossen, bekanntes, klassisches Material aus den späten 50ern und frühen 60ern zu sampeln. Aber die Tür ist jetzt weit aufgestoßen. Man könnte auch Jazz aus den 70ern oder 80ern einbauen.

Das läßt sich natürlich nicht so leicht verkaufen.

Jones: Das hängt davon ab, wie es sich in einen Track integrieren läßt.

Ich frage mich nur, ob nicht eine essentielle Qualität des Jazz, nämlich die Möglichkeit zum Experimentieren, bei solchen Crossover-Manövern verlorengeht.

Tukka Yoot: HipHop-Jazz ist ja ein ziemlich neues Ding. Außer uns gibt nur eine Handvoll von Gruppen, die sowas versuchen. Schaun' wir mal, wie es im nächsten Jahr aussieht.

Bei der ersten Deutschlandtour gab es Kritik an der Mischung aus Live-Raps, Bläsern und gesampelten Drumtracks. Was spricht dagegen, einen echten Drummer mit auf die Bühne zu nehmen und auf die Samples zu verzichten?

Ed Jones: Gar nichts, denn genauso machen wir es jetzt auf der zweiten Tour, es gibt keine Samples mehr. Wir haben drüber nachgedacht, daß es einfach nicht gut ist, wenn man ein Album im Studio perfekt aufnimmt und dann versucht, es auf der Bühne zu reproduzieren - das ist nicht der Sinn von Livemusik. Also haben wir das Basismaterial genommen, es zerlegt und auf die verschiedenen Instrumente aufgeteilt, um dann darüber zu improvisieren. Daher war es für uns jetzt wichtig, einen Drummer zu finden. Schließlich sind all diese Samples ja auch mal live eingespielt worden. Fragen: Thomas Wolff