„Knochen“: Falschgeld oder nicht?

■ Die Prenzelberger Währungsreform macht die Währungshüter unruhig – und unschlüssig / Kripo gelassen

„Knochengeld? Das hat mit künstlerischer Freiheit nichts zu tun.“ Jürgen Bartholomäus versteht da keinen Spaß. Er ist Falschgeldexperte bei der Bundesbank in Frankfurt. Das Knochengeld – von teilweise international renommierten Künstlern für die Galerie O2 in der Oderberger Straße 2 geschaffen und seit gestern von 23 Geschäften in Prenzlauer Berg für zwei Monate als neue Währung akzeptiert – erinnert ihn an einen Fall in der Behindertenwerkstatt Bethel. Die Bundesbank hatte damals einen Geldersatz akzeptiert, um den Behinderten den Umgang mit einem Zahlungsmittel zu ermöglichen.

Doch in Prenzlauer Berg liege die Sache anders. „Das ist doch ein klarer Verstoß gegen Paragraph 35 des Bundesbankgesetzes.“ Nach Paragraph 35 wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft, „wer unbefugt Geldzeichen oder Urkunden (fälscht), die geeignet sind, im Zahlungsverkehr an Stelle der gesetzlich zugelassenen Münzen verwendet zu werden...“, zitiert der Frankfurter Geldhüter.

Etwas gelassener als der um die Währungshoheit besorgte Experte der Bundesbank reagierte Harald Hantke, Leiter der Rechtsabteilung der Landeszentralbank in Berlin. „Also Falschgeld ist das schon mal nicht“, meinte er. Das würde gemäß Paragraph 146 des Strafgesetzbuches voraussetzen, daß mit den Blüten Geldähnlichkeit angestrebt würde. Bei den abstrakten, von Todesahnung geprägten Motiven des Knochengeldes kann davon wohl nicht die Rede sein.

Doch auch Handtke hat seine Probleme mit dem alternativen Währungskreislauf. „Wir wollen den Künstlern ja den Spaß nicht verderben“, sinniert Hantke, „aber so ganz unproblematisch ist das nicht.“ Auch er verweist auf das Bundesbankgesetz und hat, wie sein Kollege in Frankfurt, ein Beispiel parat: „Das ist ja wie zu Inflationszeiten in der Weimarer Republik. Da haben die Zechen im Ruhrgebiet an ihre Mitarbeiter Kohlegutscheine ausgegeben.“

Eher unbeeindruckt ist die Kriminalpolizei in Berlin. Fälschung sei das nicht, „und wenn die Läden das Knochengeld annehmen, ist das ihr Problem“, meint Pressesprecher Bernd Mollenhauer.

Kleines künstlerisches Problem am Rande: Was passiert, wenn jemand das Knochengeld fälscht? „Das ist verboten“, weiß Landesbank-Experte Hantke. Das Urheberrecht der Künstler würde verletzt. „Das könnte dann sogar Urkundenfälschung sein, denn durch die Knochenscheine wird ja etwas Rechtserhebliches dokumentiert.“ Der Leiter der Rechtsabteilung der Landeszentralbank aber bleibt vorsichtig: „Da müßte man mal einen Rechtsexperten fragen.“ Nils Klawitter