■ In Jordanien verloren die Vertreter des politischen Islam
: Ein Modellfall

Eines haben die Wahlen in Jordanien bezeugt: Dem Gespenst des Islamismus kann mit der Wahlurne begegnet werden. Gewonnen haben die Kräfte, die es bevorzugen, die Religion lieber aus der Politik herauszuhalten. Die Vertreter des politischen Islam in Form der „Islamischen Aktionsfront“ gehören zu den großen Verlierern der Wahl. König Husseins offenes Angebot, die Islamisten mit am politischen System zu beteiligen, trägt seine Früchte. Die Formel des Islamisten, daß der Islam die Lösung für die gegenwärtige politische Krise darstellt, ist nicht aufgegangen. Als sie vor vier Jahren das erste Mal ins jordanische Parlament gewählt wurden, mußten sie beweisen, was es damit auf sich hat. Offensichtlich haben sie das nicht zur Zufriedenheit der Wähler geschafft.

Die Kritik der Islamisten an dem Abkommen zwischen der israelischen Regierung und der PLO stieß ebenfalls nicht auf die gewünschte Gegenliebe. Die Menschen haben zu viele Hoffnungen hineingesetzt, deren Substanz sich zwar noch beweisen muß, für deren Abschmettern es aber noch zu früh ist. Jordanien könnte vielleicht für andere Staaten als Modell dienen, um die Frage zu beantworten, wie mit der islamistischen Bewegung umgegangen werden soll. Andere arabische Staaten, die diese Frage bisher nur mit Ausgrenzung, Parteiverboten und Menschenrechtsverletzungen beantwortet haben, sind gescheitert. Dort erlangten die Islamisten ein Image des Retters vor Korruption, ökonomischer und kultureller Krise. Ein Heiligenschein, den sie dank ihrer Ausgrenzung nie wirklich unter Beweis stellen mußten.

Sicherlich ist Jordanien ein besonderer Fall. Der König dient als Garant für eine moderate Politik und hat im Zweifel das letzte Wort, wenn das Parlament über die Stränge schlägt. Eine hervorragende Konstruktion, um die „Demokratiefähigkeit“ der Islamisten einfach mal auszuprobieren. Doch es gibt auch andere Beispiele, wie etwa den Jemen, wo die Islamisten nicht in den Gefängnissen, sondern im Parlament sitzen. So nimmt man ihnen das revolutionäre Potential, das im Zweifel ins Reaktionäre ausschlägt.

Auch die islamistische Bewegung selbst ist keine starre Bewegung und einer ständigen Dynamik unterworfen. Diejenigen, die im Parlament sitzen, neigen zu einer gewissen Pragmatik. Die Ausgegrenzten dagegen wollen die „ungläubige Gesellschaft“ oft mit terroristischen Methoden auf den „rechten Pfad des Glaubens“ bringen. Karim El-Gawhary, Kairo