Ende der rotgrünen Fahnenstange

■ Taktik bis zum Abbruch / Erst am späten Abend trauten sich GAL und SPD, das Ende der Koalitionsverhandlungen zu erklären   Von Uli Exner

Markus Wegner darf sich schon mal warmlaufen. Eine rotgrüne Koalition wird es in Hamburg in den nächsten vier Jahren nicht geben - so das Ergebnis der rotgrünen Gespräche am Abend.

Zuvor saßen sich SPD und GAL gestern abend nach dem Ende der regulären Bürgerschaftssitzung noch einmal gegenüber. Die Zeichen standen bei Redaktionsschluß aber deutlich auf Abbruch der Verhandlungen.

Statt dessen: Eisiges Schweigen bei der GAL, düstere Mienen bei Rotgrün wohlgesinnten Sozialdemokraten und ein Bürgermeister, der am Nachmittag schon nicht mehr davon reden wollte, daß es noch Koalitionsverhandlungen mit der GAL gebe: Es fänden derzeit „juristische und fachliche Prüfungen“ statt, orakelte Henning Voscherau während einer der Parlamentssitzung geschuldeten Verhandlungspause. „Ob daraus eine Fortsetzung der Verhandlungen“ würde, sei fraglich.

Wohl kaum. Denn am Dienstagabend hatte der SPD-Landesvorstand zwar gegen vereinzelte Stimmen aus dem rechten Parteilager entschieden, die Verhandlungen mit den Grünen zumindest pro forma fortzusetzen. Gleichzeitig gab er der SPD-Verhandlungsdelegation allerdings vor, in den von Voscherau zu „Essentials“ erklärten Positionen – Hafenerweiterung und vierte Elbtunnelröhre – hart zu bleiben.

In den wesentlichen Punkten sei der am Wochenende von der SPD vorgelegte Koalitionsvertragsentwurf nicht mehr verhandelbar. Ein Beschluß, den die grüne Verhandlungsführerin Krista Sager gestern morgen zynisch als Anti-Koalitionsbeschluß wertete: „Dann können wir ja gleich SPD-Mitglieder werden.“

Daß es dennoch nicht schon gestern mittag zum Abbruch der Verhandlungen kam, lag wohl eher am bereits seit Sonntag eingeübten Schwarze-Peter-Spiel – wer abbricht, ist schuld – denn an der Hoffnung, doch noch zum Durchbruch zu kommen. Wie gewohnt arbeiteten sich beide Delegationen an den beiden Symbolen Hafenerweiterung und vierte Elbtunnelröhre ab.

Und waren schon fast am endgültigen Verhandlungsende angekommen ... als Henning Voscherau, ganz gewiefter Schwarzer-Peter-Spieler, noch einmal die juristische Überprüfung des vierten Tunnels aus dem Ärmel zog.

Ob es denn möglich sei, so warf der Bürgermeister das Taktik-Kärtchen in die ratlose 20er-Runde, den Tunnel auch weiterzuplanen, wenn die spätere Nutzung – Straße oder Schiene – noch offen sei. Oder ob die Bonner Finanzierung der vierten Röhre dann vielleicht gefährdet sei. Hörte sich ganz so an, als ob das die entscheidende Frage einer Hamburger Regierungspolitik für die nächsten vier Jahre sei.

In deren Mittelpunkt dürften eher die parteiinternen Querelen in der Hamburger SPD stehen. Trotz erheblicher Vorbehalte bei den Parteilinken gilt es als sicher, daß die SPD zunächst Verhandlungen mit der bürgerlichen Wählervereinigung Statt-Partei aufnehmen wird. Von daher: Bühne frei für die nächste Aufführung des Hamburger Polittheaters – mit leicht veränderter Besetzung, versteht sich.