■ Mit AEG-(Loko)motiven auf du und du
: Amputation West

Berlin (taz) – Der AEG- Schienenfahrzeugbau soll auf zwei Rädern durch die Kurve kommen. Die AEG, ungeliebte Tochter des Daimler-Benz- Konzerns, hat beschlossen, das traditionsreiche Westberliner Werk mit 1.470 Mitarbeiterinnen bis Ende 1994 schrittweise zu schließen. Etwas mehr als die Hälfte der Spandauer Belegschaft soll nach Hennigsdorf vor die Tore von Berlin verlegt werden.

Dort hatte der Konzern Ende 1991 für billiges Geld von der Treuhand die Lokomotivbau Hans Beimler Hennigsdorf erworben. Hennigsdorf soll zum „Kompetenzzentrum“ für Lokomotiven, S- und U-Bahnen sowie Triebzüge ausgebaut werden, hieß es bei der AEG.

Arbeitsplatzmäßig geht die Amputation des Weststandorts auf Kosten des Ostens. Während nämlich rund 700 Mitarbeitern aus Spandau in Hennigsdorf neue Arbeitsplätze angeboten werden, sollen dort 900 Stellen gestrichen werden. Insgesamt würde AEG damit rund 1.600 seiner 5.100 Arbeitsplätze in der Bahntechnik abbauen.

Die Geschäftsführung der AEG versucht mit ihrem Berlin-Coup mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Erstens kann sie das teurere Spandauer Werk schließen und die Produktion an dem hochsubventionierten Standort Hennigsdorf konzentrieren.

Zweitens kann sie in Hennigsdorf entlassen, hält aber nominal die Zahl der Arbeitsplätze dort auf 2.700.

Der Treuhand hatte die Daimler-Tochter 1991 beim Kauf des Werks nämlich 3.100 Dauerarbeitsplätze für Hennigsdorf versprochen. „Das ist nur eine Sollbestimmung“, die Treuhand habe keine Handhabe gegen den Konzern, erklärte dazu gestern Treuhand- Sprecherin Ulrike Grünrock. Das AEG-Konzept sei „so schlüssig gewesen, daß man beim Vertragsabschluß auf weitere Sicherungen verzichtet“ habe.

Als Grund für die Entlassungen im Wachstumsmarkt Schienenfahrzeugbau nannte die AEG eine angespannte Kostensituation. 1992 war die Bahntechnik noch eine der wenigen AEG-Sparten gewesen, die schwarze Zahlen schrieb, 1993 sollen auch dort Verluste in zweistelliger Millionenhöhe anfallen.

Schon im ersten Halbjahr 1993 war der Umsatz (1992 knapp 1,5 Milliarden Mark) im Bahnbereich um 30 Prozent zurückgegangen.

Die angekündigten Entlassungen müssen nicht die letzte Veränderung bei AEG gewesen sein. Die Zeitschrift manager magazin hatte kürzlich spekuliert, Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter wolle auch den AEG-Kernbereich Bahntechnik verkaufen oder an Wettbewerber andocken. ten