„Tobe, zürne, sag nein!“

■ 500 demonstrierten in Schwedt am Dienstag abend gegen rechte Gewalt

Berlin (epd/taz) – Etwa 500 Menschen haben in Schwedt/Oder am Dienstag abend gegen die Gewalt von rechts demonstriert (siehe taz vom 9. 11.). Wie schon einmal, am 9. November 1989, zog der Demonstrationszug durch den historischen Stadtkern. Die überwiegend älteren Menschen trugen Kerzen. Nur wenige Jugendliche waren zu der Demonstration gekommen, einige Mitglieder der autonomen Szene zogen sich Tücher vor die Gesichter. Beobachtet wurden die Demonstranten von Mitgliedern der rechten Szene, die auch Patrouillen fuhren. Mit Provokationen hielten sie sich zurück; die Polizei war mit einem Aufgebot von 60 Uniformierten und einigen Beamten in Zivil unterwegs. Peter Schauer, Schwedts SPD-Oberbürgermeister, bezog sich in seiner Kundgebungsrede nicht nur auf die Ereignisse 1989 und das Pogrom 1938. Er signalisierte an die rechte Szene weiterhin Gesprächsbereitschaft. Gleichzeitig rief er den inneren Notstand aus und verglich die Situation in Schwedt mit der eines Bürgerkrieges. Er fragte: „Was nützen uns Friedenstruppen in Somalia, wenn hier im Land der offene Kampf auf der Straße tobt? Was nützt uns ein hochtechnisiertes Bundesheer für den Feind von außen, wenn im Inneren der Polizei für den Schutz der Bürger die einfachsten Mittel fehlen?“ Für diese Sätze erntete er Applaus wie auch für das Schlußzitat von Konstatin Wecker: „Tobe, zürne, bring dich ein, sage NEIN!“

Auch in anderen Städten im Osten gingen die Menschen am gestrigen Multi-Gedenktag auf die Straße. In Jena waren es 30, die mit einem Judenstern und einem Gepäckstück in der Hand an die Pogromnacht von 1938 erinnerten. In Stralsund veranstalteten ebenfalls 30 Menschen einen „Weg des Gedenkens“. Friedensgebete fanden auch in den Kirchen von Gera, Halle und Erfurt statt.

In der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar wurde gestern ein Mahnmal zur Erinnerung an die jüdischen Opfer des ehemaligen Konzentrationslagers eingeweiht. Dabei sagte der Vorsitzende des Zentralrats der deutschen Juden, Ignatz Bubis, die Möglichkeit der Wiederholbarkeit der Geschichte sei Grund für die Überlebenden des nationalsozialistischen Terrors, die Erinnerung wachzuhalten und aus der Geschichte zu lernen. roga