Motiv: Rechtsradikalismus

■ Im Mölln-Prozeß fordert die Bundesanwaltschaft Höchststrafen

Schleswig (taz) – Höchststrafen forderte die Bundesanwaltschaft gestern für die Angeklagten im Prozeß um die Morde von Mölln, Michael Peters und Lars Christiansen. Peters möchten die Staatsanwälte lebenslang hinter Gittern sehen. Für den 20jährigen Christiansen beantragten sie das höchste Strafmaß nach Jugendstrafrecht – zehn Jahre.

Die Bundesanwaltschaft, die vor dem Oberlandesgericht Schleswig zum ersten Mal an einem Verfahren gegen rechtsradikale Gewalttäter beteiligt ist, ist davon überzeugt, daß die beiden sich des dreifachen Mordes, mehrerer versuchter Morde und besonders schwerer Brandstiftung schuldig gemacht haben. Außerdem sei von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen. Die Angeklagten hätten die Anschläge, bei denen Ende November vergangenen Jahres eine türkische Frau und zwei Mädchen ums Leben kamen, aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch verübt.

Hauptmotiv der Angeklagten für die Brandanschläge sei ihre neonazistische und rechtsradikale Gesinnung, erklärte Oberstaatsanwalt Klaus Pflieger. Die ausländerfeindlichen Krawalle von Rostock Ende August 1992 hätten dabei eine Schlüsselrolle für Peters und Christiansen gehabt. Sie seien davon beeindruckt gewesen, daß die Rostocker Skins ihr Ziel, eine Vertreibung der Ausländer aus dem belagerten Haus, erreicht hätten. Darüber hinaus habe es aber noch weitere Beweggründe gegeben, wie ein persönliches Rachegefühl gegen Faruk Arslan. Faruk Arslan, der bei dem Brand in der Mühlenstraße Mutter, Tochter und Nichte verlor, habe innerhalb der Möllner Skinheads-Szene als Hauptgegner gegolten.

Mit Peters und Christiansen haben sich laut Pflieger außerdem zwei ausgesprochen schwache Personen gesucht und gefunden. Mit den Brandanschlägen hätten sie nach Anerkennung und Geltung in der Gruppe gestrebt und eine Art kompensatorisches Geltungsbedürfnis befriedigen wollen.

Den von beiden Angeklagten zunächst abgegebenen und später widerrufenen Geständnissen komme entscheidende Bedeutung zu, weil es keine Zeugen, die die Täter identifiziert hätten, oder objektive Beweismittel gebe, erklärte Staatsanwalt Hubert Ströber. Zwar gebe es Widersprüche zwischen den Tatbeschreibungen der beiden Angeklagten, gleichzeitig existiere aber auch eine lange Liste der Übereinstimmungen. Dies könne nicht zufällig sein. „Dafür gibt es nur eine Erklärung“, meinte Ströber, „es handelt sich um Täterwissen.“ Auch die von der Gutachterin für glaubwürdig erklärten Aussagen der zur Tatzeit neunjährigen Augenzeugin, die als einzige die Täter gesehen haben will, bestätigten die Geständnisse weitgehend, sagte der Staatsanwalt. Kersten Kampe