Eine Brücke der Hoffnung nach Ex-Jugoslawien

■ Kleine und große, private und öffentliche Initiativen helfen humanitär und politisch den Menschen im Krieg – mit Medikamenten, Kleidung, durch Fluchthilfe

Wer humanitäre Hilfe im früheren Jugoslawien leisten will, ist nicht auf staatliche Institutionen oder die großen karitativen Organisationen angewiesen. Ganz unspektakulär hat sich in deren Windschatten ein dichtes Netz großer und kleiner Initiativen in Deutschland entwickelt. Ihre Arbeit reicht von der Flüchtlingshilfe bis hin zu dem Versuch, Kulturveranstaltungen in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo zu fördern. Einige dieser Initiativen stellt die taz vor.

Da es an beinahe allem fehlt, ist jede Art von Hilfe recht. Christian Golla von der „Friedenskooperative Bonn“ rät jedoch zu einer „Marktrecherche“ vor Sammelbeginn. Pazifistische Gruppen haben sich entschieden, auch politische Unterstützung zu leisten. „Wir wollen die Friedensbewegung als Opposition stärken“, sagt Golla („Friedenskooperative“ Tel. O228-692 904). So unterstützt der „AK Mir“ unabhängige Medien in Serbien und Kroatien, darunter auch den Radiosender „B92“ in Belgrad („AK Mir“, c/o „Ohne Rüstung Leben“, Furtbachstr. 10, 70178 Stuttgart, Spendenkonto: 111833700, PGA Stuttgart, BLZ: 60010070, Stichwort: Balkan-Radio). Der „Bund für Soziale Verteidigung“ installierte die Modems für eine elektronische Vernetzung an kroatische und serbische Anti-Kriegs-Gruppen („BSV, Friedensplatz 1a, 32378 Minden).

Wichtig ist, vor Beginn einer Hilfsaktion Informationen über Transportmöglichkeiten einzuholen. Manche kleineren Gruppen, wie das „Göttinger Friedensbündnis“ bringen zwar auch heute noch ihre Hilfe im VW-Bus direkt zum Empfänger. Wer jedoch noch nie „unten“ war, sollte von derartigen Alleingängen die Finger lassen, raten Kenner. Überhaupt ist umstritten, wie sinnvoll die kleine Hilfe ist. Die „Kleinen“ setzen vor allem auf persönliche Kontakte, die auch nach dem Krieg weiterexistieren sollen. Die „Größeren“ bezweifeln, daß ohne aufwendige Logistik etwas ankommen kann.

Die Bremer „Frauen helfen Frauen“ gehört zu den größeren und erfahreneren Gruppen. Seit über einem Jahr unterstützen die Frauen aus vier Parteien Vergewaltigungsopfer, die in das Frauenhaus von Zagreb geflüchtet sind. Inzwischen organisieren sie auch humänitäre Hilfen für das bosnische Lukovac. Ihr Lastwagen wurde jedoch gleich bei der ersten Fahrt von der kroatischen Armee HVO zerstört. Nun wollen sie zusammen mit dem Komitee „Cap Anamur“ und dem bosnischen Verein „Merhamed“ eine neue „Brücke der Hoffnung“ nach Bosnien bauen. Informationen bei: Marieluise Beck, Tel.: 0421-363 0435.

In Berlin haben Christoph Koch und Jasna Melcic eine eigene Brücke direkt nach Sarajevo errichtet, über die sie schon viermal Medikamente im Warenwert von zwei Millionen Mark in ein Krankenhaus gebracht haben. Am kommenden Wochenende will Koch wieder von Split aus in die belagerte Stadt fliegen. (Ärzte, die Medikamente spenden wollen, können ihn unter der Telefonnummer 030-3 213 197 in Berlin erreichen. Geldspenden an die „Internationale Liga für Menschenrechte“, Sparkasse der Stadt Berlin, Konto: 220027005, BLZ: 10050000, Kennwort: Bosnien-Hilfe/Medikamente.)

Weil fast alles fehlt, ist jede Art Hilfe willkommen

In einem Lager im Brandenburgischen warten schon lange drei LKW-Ladungen Kleidung aus ehemaligen NVA-Beständen darauf, nach Ex-Jugoslawien transportiert zu werden. Für die LKWs braucht Kemal Fazlagic, der bei der neu gegründeten Berliner Initiative „Keine Mauer durch Sarajevo“ mitarbeitet, eine Bürgschaft über 12.000 Mark (Informationen Tel.: 030-61 500 552, Spenden an die Deutsche Ärztegemeinschaft, Berliner Volksbank, Konto: 14141413, BLZ: 10090000). Die Initiative „Keine Mauer durch Sarajevo“, seit Anfang dieser Woche mit zwei Halbtagskräften, organisiert auch Päckchen für Bosnien und zahlreiche andere Aktionen.

Eine ganz andere Aufgabe hat sich „Den Krieg überleben“ gestellt. Die Gruppe versucht, Flüchtlinge aus Bosnien zu holen. Sie sucht Gastfamilien in Deutschland und solche, die „Patenschaften“ übernehmen. Sie besorgt Transitvisa für Kroatien und die „Duldung“ in Deutschland. 2.620 Menschen haben die fünf MitarbeiterInnen in Sicherheit gebracht. Doch seit einigen Monaten stockt ihre Arbeit: Die Unterstützung der deutschen Behörden hat dramatisch nachgelassen, und auch die anfangs große Sympathie in der Öffentlichkeit ist rar geworden. Nur noch drei- oder viermal die Woche findet sich jemand, der bereit ist, bosnische Flüchtlinge aufzunehmen. (Spenden für „Den Krieg überleben“ auf das Konto: 1011936012 bei der „Bank für Kirche und Diakonie“ in Duisburg, BLZ: 35060190. Informationen Tel.: 0228-679 876, Römerstr. 213, 53117 Bonn.) Dorothea Hahn