Sie konnten zueinander nicht kommen ...

■ Das Geheimnis der Rot-Grün-Knackpunkte: Hafenstraße, Altenwerder, Elbtunnel    Von F. Marten

Mal angenommen, eine qualifzierten Mehrheit der SPD-Verhandlungscombo, Voscherau eingeschlossen, wollte wirklich mit den Grünen das Senatsgehege teilen: Wie nah waren sich Rot und Grün? Wo hat's wirklich geknallt? Hier die Antworten:

1. Hafenstraße Die rechtsstaatliche Räumung der Hafenstraße ist schon lange mehr kein ernsthaftes Essential der Wirtschaft, der Medien oder der SPD. Es ist, wie auch die Betroffenen freimütig einräumen, allein ein Problem der Herren Voscherau und Hackmann. Tricky Henning zeigte sich schlau: Sein Angebot, die Bürgerschaft neu entscheiden zu lassen, hätte in jedem Fall Gesichtswahrung pur und die Chance bedeutet, den Grünen mit einem parlamentarischen Räumungsvotum arge Kopfschmerzen zu bereiten. Die grüne Antwort: Gesichtswahrung ja - aber das Ergebnis muß vorher feststehen: Keine Räumung. Garantiert. An diesem Poker, so signalisierte die SPD, wäre Rot-Grün auch nicht gescheitert. Eine Hilfstruppe hatte ihr Feldlager bereits bezogen: Die Patriotische Gesellschaft will sich, wie jetzt angekündigt, vermittelnd zwischen Räumungstitel und Hafenstraße stellen. Als Schlichter von außen könnte sie den Konflikt entschärfen und so der Bürgerschaft helfen, einen Beschluß zu fassen, der Voscheraus Gesicht streichelt, die Grünen aber vor Kopfschmerzen bewahrt ...

2. Elbtunnel Ein ernstes Problem. Voscherau besteht darauf, daß in Hamburg 500 Millionen Mark tunnelmäßig verbuddelt werden, um Bauarbeiterplätze zu schaffen - schließlich zahlt Bonn die Kohle. Ihm und anderen Sozis ist dabei ziemlich egal, ob durch die so gebuddelte Röhre Autos oder Züge fahren. Hier kam Tricky Martin Schmidt ins Spiel: Mit jovialem Augenzwinkern bot er der SPD an, was einigen Grünen schon viel zu weit ging: Tunnel ja, aber bitte ernsthaft prüfen, ob er nicht zur Schienenröhre mutieren kann. Ein Ja dazu war „greifbar nahe“ (Voscherau), bis sich herausstellte, was Martin Schmidt längst geahnt und vielleicht sogar beabsichtigt hatte: Eine Ummodelung der Planung hätte das Tunnelprojekt ernsthaft gefährdet, in Bonn schlafende Hunde geweckt und den Gerichten Munition liefern können. Kurz: Die Schienennummer war keine „Luftbuchung“, sondern eine ernsthafte und riskante Neuorientierung. Das aber wollte Voscherau auf keinen Fall.

3. Altenwerder Eigentlich überhaupt kein Problem. Altenwerder wird für Hafenumschlag eh nicht gebraucht. Selbst wenn aber, aus spekulativen Interessen der Hafenwirtschaft, eines Tages die Bagger anrollen, so würde das realistisch erst im nächsten Jahrtausend sein. Kurz: Ein definitiver Beschluß über den Baubeginn steht bis 1997 nicht an. Die Grünen hatten ihr OK zur Fortsetzung der Planung bereits gegeben, verweigerten sich allein dem „Sofortvollzug“, ein Instrument, mit dem die Stadt auch während laufender Klagen die prinzipielle Bauerlaubnis geben kann. Die GAL bestand so bis 1997 auf einem rechtstaatlich einwandfreien Planungsverfahren. Dem hätte auch die SPD locker zustimmen können, hätten sich nicht Voscherau und Peter Dietrich, Chef der stadteigenen HHLA, bei einer Taiwanreise vor einem Jahr höllisch weit aus dem Fenster gelehnt und - unter anderem gegenüber Vertretern der Großreederei Evergreen - laut getönt, die Elbe werde in Kürze auf 15 Meter ausgebaggert und die Umschlagskapazität des Hafens verdoppelt, wobei die Reedereien dank Altenwerder massig neue Flächen bekämen. Diese leichtfertige und nicht abgesicherte Versprechen empfindet Voscherau als Strick um seinen Hals.

Ein Grüner Korb oder ein Strick vom Reeder - liebe LeserIn, wofür hätten Sie sich entschieden?