Amt für Straßenbau „hoheitlich gekränkt"

■ Betr. Rembertikreisel, taz vom 23.9. und 29.10.

In Eurem Artikel vom 29.10.93, „Die Würde...“ übernehmt Ihr fast vollständig die „überragenden“ Worte des Gerichts. Wie überragend diese Worte sind, wird sich noch zeigen, allerdings teile ich nicht Eure Auffassung, ich hätte im Gericht meinen Meister gefunden.

Die Begründung des Verwaltungsgerichts unter dem AZ 2V 410/93 trifft u.U. in allgemeinerer Form das Recht auf unzensierte Ausstellungen, bzw. der Meinungsfreiheit. Da Ihr leider versäumt habt, Euch genau zu informieren und daher nur das Urteil des Verwaltungsgerichts veröffentlichen konntet, möchte ich Eurer zukünftigen Mühe, umfassende Recherchen zu betreiben, hier etwas auf die Sprünge helfen, indem ich die Gründe darlege, die zur Antragsstellung auf einstweilige Einstellung, Anordnung und zur Strafanzeige gegen das Amt für Straßen u. Brückenbau führten.

In der Begründung heißt es: „Auch das ASB hätte bei berechtigten Bedenken gegen das Gesamtvorhaben (OPEN AIR,d.Verf.) nur gegen dieses als ganzes ordnungsrechtlich vorgehen dürfen. Die Anmaßung, darüber zu befinden, welche Teile der Ausstellung weiter ausgestellt werden dürfen und welche nicht, stand dem betroffenem Amt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu. Unter dem Vorwand der Beleidigung ließe sich so beinahe jede kritische Kunstaktion auf das von der Obrigkeit gewünschte Maß zurechtstutzen... Selbst der in wesentlich härterer Form angegangene Chemie-Konzern Hoechst, bzw. dessen Vorstandsmitglieder, haben nach einer Aktion von Greenpeace (Ozonkiller) zuvor die Gerichte angerufen und nicht im Wege der Selbsthilfe entsprechende Plakate oder Teile entfernt... Ein Eilbedüfnis für den Abbau der Schilder war dar überhinaus in keiner Weise gegeben. Weder wurde eine Behörde oder deren Mitarbeiter diffamiert, noch lag sonst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor.

Die Mitarbeiter des ASB konnten sich nach dem Inhalt der Schilder weder persönlich angesprochen fühlen, sozusagen ihre Hosen runterlassen zu müssen, noch konnten Betrachter des Schildes dessen Inhalt als ernsthafte Aufforderung der Behörde verstehen, auf dem Rembertikreisel die Hose runterzulassen....

Nachdem bereits das ASB mit ihrem Schildbeamtenstreich „ZELTEN VERBOTEN“ auf dem kürzlich gerodeten Rembertikreisel überregionale Aufmerksamkeit erlangt hatte, möchte es offenbar nunmehr mit einer aus dem Rahmen fallenden von Straßenbaubeamten getragene Kulturkritik von sich reden machen.“

Die Behauptung des Amtes für Straßen- und Brückenbau, es handelte hoheitlich, bedeutet nichts anderes als sich hoheitlich gekränkt zu fühlen. Offiziell wird Kunst gerne benutzt, zur Urbanität unserer Städte beizutragen. So unerwünscht ist sie aber auch, wenn sie sich dem verabredeten Maßen zugestandenem Raum entzieht und ihrerseits den Versuch unternimmt, städteplanerische Überlegungen und Ergebnisse zu befragen. Das ist allerdings nur auf den ersten Blick eine Kompetenzüberschreitung. Es macht hier keinen Sinn, von Kompetenzüberschreitung zu sprechen, bevor nicht geklärt wäre, ob überhaupt Stadtplaner vor dem Hintergrund privater/öffentlicher Wirtschaftsinteressen handlungsfähig und somit auch kompetent sind. Andreas Wegener