■ Urdrüs wahre Kolumne
: Glücksbärchis Lichterketten

Urdrüs wahre Kolumne

Glücksbärchis Lichterkettchen

Fertigbau-Konsul Karlchen Grabbe hat in Bremen endlich Kombattanten für seinen Heiligen Krieg gegen die Kurden gefunden. Hiesige Verwaltungsrichter veranlaßten die Beschlagnahme von Instrumenten und Kostümen einer Folkloregruppe beim Mesopotamischen Kulturverein, um dadurch dessen Nähe zur PKK zu beweisen. Hiesige Bullizisten fanden dabei vorläufig noch kein Rauschgift aus der Aservatenkammer, dürfen aber schon mal bunkern für's nächste Gefecht. Und wenn dann auch noch ein paar Internationale Studentenausweise am Boden liegen, hat Grabbe Beweise gegen den Uni-ASTA als logistischen Arm des kurdischen Terrorismus zusammen. Bremische Studenten sollten sich vor ihrem nächsten Türkei-Urlaub unbedingt ein Unbedenklichkeitszeugnis besorgen!

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Die Jugend der Welt trifft sich seit gestern wieder allabendlich zum Kräftemessen in der Stadthalle auf der Würgerweide beim Catch-Cup 93. Und wer da mit dem souveränen Durchblick des kleinen Arschlochs in die Bartstoppeln murmelt „Alles nur Show“, der stelle sich dem sportlichen Kampfe Mann gegen Mann mit so unvergleichen Athleten wie Herrn Larry Cameron (“The Harlem Destroyer“) oder David Finlay (“Irish Streetfighter“)! Ansonsten aber halte man bitte das unmündige Plappermaul und wetze den Schnabel dort, wo in der Tat eine Schiebung nach der nächsten folgt: Bei den Stadtwerken etwa oder beim Kartell der Stahlkonzerne zur Liquidation der Klöckner-Hütte.

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Ist das noch Bettelei oder schon Entertainment? Ein Obdachloser arrangiert sich und seine Siebensachen schon seit Monaten an verschiedenen Ecken der Innenstadt zu einem harmonischen Gesamtkunstwerk: Kleine Plüschtiere bewachen den speckigen Hut für die Kollekte, Plastikblumen sorgen für eine Heimeligkeit und einige Kerzen spenden Wärme und erinnern an die Magie der Lichterkette. Wo Sie, liebe LeserIn, diesen Mann sehen — geben Sie reichlich: Dieser Sendbote des Lichts in der Kälte der Stadt arbeitet ohne jede Subvention auf eigene Rechnung!

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Am Montag dieser Woche, also am 8. November 1993, traf ich am Hotel zur Post einen original Weihnachtsmann und fragte verwundert, ob es nicht ein bißchen früh dafür wäre. „Neenee, ich komme heute schon zu spät“ murmelte er und eilte ins nächste Taxi. Soweit hat es unsere schnellebige Zeit gebracht, daß Weihnachtsmänner schon am 8. November zu spät kommen.

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Es stand nicht in der TAZ: Ein Kraftfahrer aus Osterholz-Scharmbeck, ansonsten unbescholten, fuhr im Auto zur dortigen Polizeiwache und bat um eine Blutprobe. Die auch prompt gewährt wurde und stattliche 2,3 Promille ergab. Jetzt darf er ein Jahr lang nicht chauffieren und muß obendrein ein Monatsgehalt als Geldstrafe zahlen. Ein Held des Alltags, beispielhaft für den kleinen Sünder in und neben uns. Jörg Willipinski aber ist weiterhin trotz Gedächtnisverlust in alzheimerschen Dimensionen Manager der Stadtwerke. Und schämet sich nicht. Iwodenn, merkt doch keiner. Ulrich Reineking-Drügemöller