Sportclub Beate Uhse

Rapid Wien, Österreichs beliebtestem Fußballclub, droht das Ende / Rettung aus dem Sexshop?  ■ Aus Wien Falk Madeja

„Rapid wird weiterleben, sowieso“, ist sich nicht nur der Wiener Standard gewiß. Kaum jemand in Österreich kann sich vorstellen, daß es den beliebtesten Fußballklub des Landes nicht mehr geben soll. Doch das Weiterbestehen hängt an einem seidenen Faden: dem guten Willen der Bank-Austria. Und dieser Wille scheint erschöpft zu sein. Wenn in den nächsten zwei Monaten die Finanzkrise nicht behoben sei, so Bank-Austria-Direktor René Alfons Haiden, dann werde Rapid Wien der Geldhahn zugesperrt.

Die dem Sportklub Rapid vorgeschaltete Rapid Finanz AG steckt in dem Dilemma, bis Silvester mindestens 24 Millionen Schillinge (3,5 Millionen DM) für eine ausgeglichene Bilanz zu brauchen, aber nur ein Drittel einnehmen zu können. Seit dem Sommer wird verzweifelt ein Hauptsponsor gesucht, und noch dümmer ist, was Rapid-Ehrenpräsident Anton Benya so ausdrückt: „Früher hatten wir Schulden und gute Spieler, heute Schulden und kaum noch gute Spieler.“ Das Familiensilber ist im letzten Jahr aus Not abgegeben worden und hieß Andreas Herzog (für drei Millionen DM zu Werder Bremen) und Jan-Age Fjörtoft (der norwegische Nationalspieler wechselte für etwas mehr als eine Million Mark nach England). Derzeit ist der Hütteldorfer Traditionsklub das Schlußlicht der Tabelle und die Spieler, die seit Monaten kein Gehalt bekommen haben, drohen mit kollektiver Kündigung. Rapids letztes Viertelstündchen, das die Fans im Hanappi-Stadion immer fordernd anklatschen, hat möglicherweise geschlagen.

Wie die größte österreichische Bank zu Rapid Wien gekommen ist, ist eine abenteuerliche Geschichte. Vor einigen Jahren versuchte der Verein, durch die Gründung der Rapid Finanz AG Börsen-Geld aufzuschnupfen. Es konnten 60 Millionen Schillinge (8,6 Millionen DM) aktiviert werden, die Schulden hatten 55 Millionen Schillinge betragen. Dann fielen die Rapid-Aktien jedoch in drei Monaten von 1.100 auf unter 320 Schillinge, jetzt sucht man das Wert(lose)-Papier vergeblich im Börsenteil der Zeitungen. Der Grund: Michael Margules, Vorstandsmitglied der Rapid Finanz AG, war als vermeintlicher Drogengeld-Kurier in New York verhaftet worden. Der 30jährige gehörte auch zur Spitze jener „VIP- Bank“, die die Rapid Finanz AG kontrollierte.

FBI und andere US-Behörden hatten lange kritisiert, daß in Österreich Sparbuch- und Wertpapier-Konten anonym geführt werden dürfen, und so das Waschen von Drogengeldern leicht gemacht wird. Weil die österreichische Regierung auf die Übersee-Proteste nicht hören wollte, bastelten die Amerikaner eine Falle. Margules ließ sich von angeblichen Dealern in die USA locken und verhandelte darüber, wie nicht ganz einwandfreies Geld über eine Karibikinsel nach Österreich zu seiner VIP-Bank kommen könne. Die US-Beamten zeichneten das Gespräch auf – und dann klickten die Handschellen.

Die VIP-Bank, die jetzt „Investment Bank“ heißt, kam unter die Räder und wurde dann von der Bank-Austria, der größten Bank Österreichs übernommen, die damit plötzlich einen populären, aber völlig maroden Fußballverein am Hacken hatte. Das löste allerdings die Probleme nicht. Denn wenn man bei potentiellen Sponsoren vorsprach, dann hieß es laut Präsidiumsmitglied Günther Marek meist: „Rapid? Da sitzt doch der halbe Vorstand wegen der Drogen-Affäre im Kittchen.“

Als Bank-Austria-Chef Haiden davon sprach, daß es für Rapid nicht länger Geld geben könne, schlugen die Wellen der Empörung hoch. Fans drohten, ihre Konten bei der Bank-Austria aufzulösen. Das würde die Bank zwar wirtschaftlich kaum treffen, politisch aber doch. Da Rapid Wien immer noch das Image eines Arbeitersportklubs anhaftet, könnte politischer Druck aus der SPÖ den Verein retten. Die Bank-Austria müßte dann AG und Verein grundsätzlich sanieren, ihm eine neue Struktur geben und einen wirklich versierten Manager bezahlen. Bank-Chef René Alfons Haiden könnte sich als Rapid-Retter feiern lassen.

Danach sieht es zur Zeit nicht aus. Zwar erwarb die Bank-Austria Anfang der Woche die Aktien des Klub- Präsidiums (25 Prozent) und ist nun mit 63 Prozent Mehrheitsaktionär, die Drohung, Ende des Jahres die Zahlungen einzustellen, bleibt jedoch vorläufig bestehen. Das Nachrichtenmagazin profil kommt zu dem Fazit, daß sich zwar alle Beteiligten einig darin seien, daß Rapid nicht sterben dürfe, aber „Taten, dieses Sterben zu verhindern, folgten den Worten bisher nicht“.

Dafür scheint der Verein immerhin bei seiner Sponsorensuche partiell fündig geworden zu sein. Mit sieben Millionen Schilling (rund eine Million Mark) soll das Sexartikel-Versandhaus Beate Uhse einsteigen. „Sex ist doch nichts Unmoralisches“, rechtfertigt Präsident Rudolf Röder den leicht schlüpfrigen Pakt, der ganz nebenbei eine geringfügige Namensänderung mit sich bringen würde. Sollte die Flensburger Zentrale ihrer österreichischen Tochterfirma den Deal mit dem Fußball genehmigen, würde Rapid Wien künftig offiziell „Sportclub Beate Uhse“ heißen.