Syrien soll nicht ausgeschlossen werden

Israelisch-jordanisches Friedensabkommen fertiggestellt / Doch Jordanien befürchtet weiterhin scharfe Reaktion Syriens / Verhandlungen zwischen Rabin und Clinton in Washington  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die „Ankurbelung“ direkter israelisch-syrischer Friedensverhandlungen – das ist das Hauptthema der Gespräche, die der israelische Regierungschef Jitzhak Rabin in Washington führen wird. Konkret geht es um Prozedur und timing des Verhandlungsprozesses, um die Teilnahme der US- Streitkräfte an der Überwachung zukünftiger Puffer- oder Sicherheitszonen im Golan. Am heutigen Freitag trifft Rabin mit dem amerikanischen Präsidenten Bill Clinton zusammen.

Während die Amerikaner vor einem „zu langen Aufschub“ warnen – erwünscht ist, daß das israelisch-syrische Abkommen vor dem israelisch-jordanischen unterzeichnet wird –, möchte die israelische Seite in bezug auf die Verhandlungen mit Syrien und Libanon vorerst warten, weil das kommende Jahr bereits „überfüllt“ ist mit komplizierten Verhandlungen zur Durchführung der ersten Phasen der Osloer Rahmenabkommen mit der PLO. Auf der Tagesordnung stehen außerdem die neuen Aufgaben, die mit dem jordanisch- israelischen Abkommen verbunden sind. Die „Wartezeit“ soll jedoch auch bewirken, daß Syrien in seinen Ansprüchen und Bedingungen „bescheidener wird“. Dazu ist allerdings nötig, daß Washington die Rolle des Aufpassers übernimmt, damit ein ungeduldig- beunruhigtes Damaskus nicht zu den Waffen greift.

Rabin hat auch ein noch immer ungelöstes Koalitionsproblem: Seiner Regierung fehlt eine genügend breite parlamentarische Basis, und deshalb wird jedes Mißtrauensvotum nur mit Hilfe kleiner, nicht in die Koalition aufgenommener Fraktionen „überleben“: der kommunistischen Demokratischen Front und der der Arbeitspartei nahestehenden Arabischen Demokratischen Partei.

Kurz vor dem Rabin-Besuch in Washington gab es beharrliche Gerüchte über die wahrscheinliche Teilnahme des jordanischen Königs an einer Gipfelkonferenz mit Clinton und Rabin im Weißen Haus. Dabei, so hieß es, sollte das israelisch-jordanische Friedensabkommen unterzeichnet werden. Die Grundlage für das Abkommen wurde bereits im Oktober 1992 bei bilateralen Verhandlungen im State Department festgelegt und in weiteren Gesprächen zwischen jordanischen und israelischen Beamten im Detail ausgearbeitet. Bei den letzten Gesprächen zwischen Rabin und Peres einerseits und König Hussein und Kronprinzen Hassan andererseits kam es zur definitiven Übereinkunft über den Friedensvertrag selbst. Verhandelt wurde auch über eine Reihe politischer und wirtschaftlicher Abmachungen über die zukünftige Zusammenarbeit.

Dabei sollten vor allem die Bedenken, die der jordanische König angesichts der israelischen Abkommen mit der PLO hat, durch israelische Sicherheitsgarantien beseitigt werden. Inzwischen bestätigten nun israelische Regierungssprecher, daß der Friedensvertrag mit Jordanien und zusätzliche Abkommen bereits vorliegen und nur noch unterzeichnet werden müssen. Wann und wo dies erfolgen soll, hängt nur noch von König Husseins Entscheidung ab.

Der Grund für Husseins Zögern wird vor allem mit seiner Furcht vor einer scharfen Reaktion in Damaskus erklärt, weil ein jordanischer Separatfrieden zu diesem Zeitpunkt den Nachbarn Syrien „draußen in der Kälte“ stehen läßt, und damit demonstrativ herausfordert. Vorstellbar wäre allerdings eine geheime Abmachung über diese Frage zwischen Syrien und Jordanien, danach könnte es dann doch noch zu einer Unterzeichnung des israelisch-jordanischen Friedensabkommens in Washington kommen. Jedenfalls ist es sehr wahrscheinlich, daß auch ohne formelle Unterzeichnung jetzt schon praktische Schritte zur Normalisierung und zur offenen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Israel und Jordanien unternommen werden. Darüber sind letzte Verhandlungen auf ministerieller Ebene zwischen beiden Seiten im Gange.

Während seines Besuchs in der USA will Rabin auch wieder über zusätzliche amerikanische finanzielle und militärische Unterstützung für Israel verhandeln. Israel erfreut sich in Amerika größter Popularität, und Clinton will Entgegenkommen zeigen: Durch die israelische Initiative kann der Nahe Osten als eine der wenigen Erfolgsregionen amerikanischer Außenpolitik vorgezeigt werden.

Israel hofft, die Unterstützung des Weißen Hauses für die Lieferung modernster amerikanischer Langstrecken-Kampfflugzeuge vom Typ F-16 E zu erhalten. Der Betrag von 437 Millionen Dollar, den die USA von den diesjährigen Kreditgarantien „strafweise“ abgezogen hat, weil Israel diese Summe für weitere Bautätigkeit in den besetzten Gebieten ausgegeben haben soll, wird Israel voraussichtlich auf andere Weise „zurückerstattet“. Auch über diese „Wiedergutmachung“ soll bei dem gegenwärtigen Rabin-Besuch entschieden werden.