■ Mit Überlebensstrategien auf du und du: Knapper Umweltraum
Loccum (taz) – Alle Menschen sind gleich, nur manche sind etwas gleicher. Die gleicheren leben im Norden und verbrauchen ein Vielfaches der Ressourcen ihrer gleichen Brüder und Schwestern im Süden. Gleichzeitig reden sie vom nachhaltigen Wirtschaften und sorgen sich um die Bäume, die im Süden abgeholzt werden. „Das geht nur gut, solange wir dafür sorgen, daß uns die Welt gehört“, hat Manus van Brakel von der niederländischen Umweltorganisation Milieudefensie erkannt. „Wenn wir dafür aber keinen Krieg risikieren wollen, müssen die verfügbaren natürlichen Ressourcen weltweit umverteilt werden.“
Für die Niederlande müßte der Ressourcenverbrauch pro Kopf um ungefähr 70 Prozent gesenkt werden, hat Milieudefensie ausgerechnet, jedenfalls dann, wenn den kommenden Generationen noch dieselben Erdkapazitäten zur Verfügung stehen sollen. Das Maß der Reduktion kann in sogenannten „Umwelträumen“ ausgedrückt werden. Nach dem Aktionsplan von Milieudefensie dürfte jeder Niederländer und jede Niederländerin im Jahr 2010 nur noch vier Tonnen CO2 produzieren, statt heute 12 Tonnen, der „Süßwasserraum“ schrumpft von 120 auf 80 Liter, die landwirtschaftlich nutztbare Fläche auf 0,25 Hektar. Kaffe, Bier und Wein könnten die NiederländerInnen nur noch auf 600 Quadratmetern pro Nase anbauen lassen.
Neue Technologien helfen gegen die drastischen Einschränkungen. Wenn Papier nach dem neuesten Stand der Technik recycelt wird, bräuchten die Zeitungen nicht dünner zu werden. Das gleiche gilt für die Mobilität: Mit einem Liter im Schnitt pro Tag lassen sich heute 25 Kilometer mit dem Auto, 50 Kilometer mit dem Bus, 65 mit der Eisenbahn und 10 mit dem Flugzeug absolvieren. Spritsparende Technologien können den Aktionsradius erhöhen. „Aber ein Flug von Amsterdam nach Rio wird vermutlich trotzdem nur noch alle 20 Jahre einmal möglich sein.“
Die Umwandlung einer Gesellschaft, die immer mehr Ressourcen braucht, in eine Gesellschaft, die die gleichen Ressourcen immer effizienter einsetzt kann die Umweltbewegung nicht allein durchsetzen. Milieudefensie arbeitet deshalb mit den niederländischen Gewerkschaften an Nachhaltigkeitskonzepten für die Bau- und die Schweinewirtschaft. Und natürlich versuchen die Umweltschützer die Debatte in anderen Ländern anzustoßen. „Denn allein können wir die Umstellung nicht zustande bringen.“ Herrman Josef Tenhagen
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